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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

02/2018 Form und Struktur

Wohn.kultur

Das Fenster zu den Alpen

Er war Alpenforscher, Visionär, Professor und Autor: Der Waadtländer Eugène Rambert (1830-1886) gilt auch als einer der Mitbegründer des Schweizer Alpen-Clubs. Und er ist der Namenspatron der Cabane Rambert, die unterhalb des Grand Muveran thront. An die alte Steinhütte schmiegt sich neu ein dreistöckiger Holzbau mit Edelstahlfassade.

Text Bonnard Woeffray Architectes Fas SIA | Fotos Diogo Marques Monthey

Die Berghütten des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) bieten in einzigartigen alpinen Regionen eine einfache Unterkunft. Viele der im letzten Jahrhundert erstellten Gebäude wurden in den letzten Jahren umgebaut und erweitert, um sie den aktuellen Standards anzupassen und den Komfort zu verbessern. So auch im Fall der Rambert-Hütte in den Waadtländer Alpen. Sie befindet sich auf 2580 Metern über dem Meer. Die Cabane Rambert ist eine Station auf der vier- bis fünftägigen Trekkingtour des Muverans. Direkt vom Talort Ovronnaz aus ist sie in einem knapp vierstündigen Aufstieg erreichbar. Die Hütte der SAC-Sektion Diablerets/Lausanne liegt in leichter Hanglage am Südhang des Grand Muveran.

Im 19. Jahrhundert schon war der Aufstieg zum Grand Muveran beliebt. Auf das Baujahr 1895 geht ein Vorgängerbau der Cabane Rambert in Holz zurück – unweit vom heutigen Standort unterhalb des Frête de Saille. In den 1950er Jahren wurde die Cabane Rambert als Steinhütte in der heutigen Form neu gebaut und an ihren aktuellen Standort unterhalb des Grand Muveran verlegt.

Seit 2015 schmiegt sich nun ein dreigeschossiger Holzbau mit Edelstahlfassade an die alte Steinhütte. Das ungewöhnliche Ensemble am Grand Muveran bietet 44 Schlafplätze und hat von Mitte Juni bis Mitte September geöffnet. Der Grund für die Renovation und Erweiterung der Cabane Rambert im Jahr 2015 ist einfach: Der alte Steinbau konnte die heutigen Ansprüche nicht mehr erfüllen. In Sachen Umwelt, Hygiene, Sicherheit und Energie hielt das Objekt nicht mehr mit den modernen Standards mit. Die alpine Unterkunft machte einen abgewohnten, wenig einladenden Eindruck. Insbesondere angesichts wachsender Besucherzahlen war ein reibungsloser Hüttenbetrieb gefragt.

 

Die Aufgabe: Tradition bewahren und neues schaffen

Die Aufgabe lautete: Die Anforderungen an einen modernen Hüttenbetrieb sollten erfüllt werden – unter Wahrung des ursprünglichen Charakters der Hütte. Das Ergebnis ist eine Kombination aus Alt und Neu. Alt und tradiert ist die 200 Quadratmeter umfassende, umgestaltete Steinhütte aus den 1950er Jahren. Dazu gesellt sich jetzt der Erweiterungsbau aus Holz, der auf 150 Quadratmetern mit neuen funktionalen Einheiten das Hüttenensemble vervollständigt. Zwischen Juni und Oktober 2015 realisierten die Zimmerleute der Amédée Berrut SA die Arbeiten auf Basis der Pläne der Projektleiter Jonas Vandermaesen und Martin Dauner von Bonnard Woeffray Architectes Fas SIA.

In der alten Hütte wurden die grossen Räume Speisesaal und Schlafraum neu arrangiert. Die Wärmedämmung wurde verbessert und die Tannentäfelung erneuert. Die Schlafsäle mit Massenlager wandelten sich zu Räumlichkeiten mit einzelnen Betten, die den Besuchern mehr Komfort und Privatsphäre bieten. An der Nordfassade der alten Cabane Rambert steht der Erweiterungsbau auf einer Betonplatte. Das neue Gebäude in Holzrahmenbauweise versteht sich als eine Art kompakter und funktionaler Rucksack zum Bestandsbau: Hier befinden sich das Lager, die Sanitäranlage, die Brennstoffreserven, private Räume für die Hüttenwarte, die Zisterne und die Wasseraufbereitung sowie die Steuerung der Solaranlage.

 

Umhüllt: Holzbau hinter polierter Fassade

Profiliertes und poliertes Edelstahl stülpt sich allseitig über Dach und Fassade. Fensterläden und Türen sind ebenfalls mit Edelstahl verkleidet, was dem Bau eine uniforme, edle Erscheinung verleiht. Das Trogdach wird verwendet, um Wasser zu sammeln, das dann in Tanks auf der oberen Ebene lagert. Der Neubau erzeugt Energie und Wärme über Photovoltaik und Solarthermie und liefert so einen Beitrag zur Energieautonomie im Hochgebirge.

Der Namenspatron der SAC-Hütte Eugène Rambert widmete sich in seinem fünfteiligen Werk «Les Alpes Suisse» der Schweizer Alpenlandschaft. Zwischen 1866 und 1875 publizierte der Essayist und Poet darin Legenden, Novellen und seine eigenen Beobachtungen rund um den heimischen Alpenraum. Die zeitgenössische Intervention im Speisesaal der alten Steinhütte wäre vermutlich im Sinne Ramberts gewesen. Denn der Raum öffnet sich jetzt dem Alpenpanorama und die Besucher können von hier aus ihre eigenen Beobachtungen der Landschaft machen. Das ermöglicht die neue, grosszügige horizontale Fensterfront, die sich durch das Zusammenlegen von drei kleinen, bereits bestehenden Fenstern ergab.
bwarch.ch, cas-diablerets.ch/rambert.htm, berrutbois.ch, kalin-associes.ch

Das Projekt – die Fakten

Objekt: SAC-Hütte Cabane Rambert, Renovation und neuer Anbau in Holz
Standort: Leytron (VS)
Fertigstellung: 2015
Bauherrschaft: Club Alpin Suisse, Section Diablerets/Lausanne
Architektur: Bonnard Woeffray Architectes Fas SIA, Monthey (VS)
Holzbauingenieur: Kälin & Rombolotto SA, Lausanne (VD)
Holzbau: Amédée Berrut SA, Collombey-Muraz (VS)
Baukosten: gesamt CHF 1,785 Mio. (BKP 1-9); CHF 397 000 (Holzbau)
Auszeichnung: Constructive Alps 2017 (Anerkennung)
Volumen: Bestand Steinhütte 580 m3, Erweiterung in Holz 430 m3
Fläche: Bestand Steinhütte 200 m2, Erweiterung in Holz 155 m2

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