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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

03/2016 Heimatverbunden

Stand.punkt

Digitaler Wandel wird zum Motor der Veränderung

Die Digitalisierung transformiert alle Lebensbereiche. Sie eröffnet grosse Chancen und hat bereits viele Bereiche der Wirtschaft umgekrempelt. Auch im Bauwesen ist der digitale Wandel in vollem Gange. Building Information Modeling (BIM) bildet den Kern der Digitalisierung und wird zunehmend vom Informations- zum Baustandard. Dabei wird die Geschwindigkeit im digitalen Wandel zum Motor der Veränderung.

Alle an einem Bauvorhaben beteiligten Partner - Bauherren, Planer, Architekten, ausfüh­rende Unternehmen, Hersteller, Händler, Betreiber - haben ein grosses Interesse daran, möglichst rasch die Anforderungen der BIM-Methodik zu erfüllen. Warum diese Bestrebungen? Hier lassen sich zwei Tendenzen fest­stellen: Einerseits wirken die Institutionen, die für die Regulierung und Vergabe von Aufträgen zuständig sind, im sogenannen Bottom-down-Prinzip. Andererseits - und das ist wegen der langfristig stärkeren Marktdurchdring­ung sehr viel spannender - wirkt das Bottom-up-Prinzip: Hier setzen Unter­neh­men BIM aufgrund der Effizienz mit Best Practice gleich. Für diese Unternehmer sind Projekte ohne BIM kein Thema mehr. Für eine langfristig erfolgreiche Einführung von BIM in der Schweiz sind beide Stossrichtungen zwingend. Vor der Regu­­lierung benötigen wir jedoch Best Prac­tice.

Neben grossen Erwartungen gibt es - nicht zu unrecht - Kritiker, die diesen Wandel nicht vollziehen möchten oder können. Viele Trends, so auch die Digitalisierung, werden zuerst kri­tisch betrachtet. Dies ist durchaus sinnvoll, denn nicht jeder Trend bewegt einen Markt nachhaltig. Schnell tauchen auch politische Forderungen auf, um die Veränderungen zu ver­meiden oder zu entschleunigen. Es gibt einen Witz, der das gut auf den Punkt bringt: "Bei einer Innovation sagen die Amerikaner: Lasst uns einen Erfolg daraus machen. Die Asiaten sagen: Lasst es uns kopieren. Und die Europäer sagen: Lasst es uns regulieren."

ERSTE REGELN FÜR BIM IN DER SCHWEIZ

Bereits im Jahr 2012 hat die Spurgruppe des SIA darüber befunden, dass dem Bereich des digitalen Bauens Beachtung zu schenken ist und entsprechende Hilfsmittel zu schaffen sind. 2014 startete die Kommission mit der Arbeit am Merkblatt 2051. Es beschreibt die Organisation eines BIM-Prozesses, die interdisziplinäre Zusammenarbeit, nennt Beteiligte und Rollen und erörtert deren Funktionen und Kompetenzen. Zudem greift es Fragen von BIM-Leistungen und rechtlichen Bestimmun­gen auf. Das Merkblatt wie auch die Dokumen­tation werden im ersten Quartal 2017 verfügbar sein (sia.ch).

Die Arbeitsmethode mit BIM, mit den Konzepten und Prozessen des digitalen Bauens, sind in den nordeuropäischen Ländern und den USA schon weit verbreitet. Das europäische Parlament empfahl im Januar 2014, das Vergaberecht der Europäischen Union zu modernisieren. Der Einsatz von computergestütz­ten Methoden wie Building Information Modeling sollte bei der Vergabe von öffentlichen Bau­aufträgen und Ausschreibungen forciert wer­den. Protagonisten der europäischen Bau­branche unterstützen diese Entscheidung.

Obwohl die Schweiz kein Mitglied der Europäischen Union ist, haben die Europäischen Normen (EN) für die Schweiz Relevanz. Die Übernahme der europäischen Normen respek­tive die Anpassung der eigenen Normen durch die Länder muss innerhalb einer Frist von 24 Monaten nach der Inkraftsetzung einer EN-Norm erfolgen. Aktuell sind im CEN (Comité Européen de Normalisation) vier Komitees zum Thema BIM aktiv und bearbeiten die Themen "Strategie und Planung" (Strategy and Planning), "Informations­austausch" (Ex­change Information), "Spezifikationen für den Informationsaustausch" (Information Delivery Specification) und "Unterstützung durch ein digitales Wörterbuch" (Support Data Dictionairies).

BEST PRACTICE AUS 60 PROJEKTEN

Dem Transformationsprozess hin zum digitalen Bauen folgen erste Erfahrungen aus der Praxis, die zunehmend in eine Best Practice überführt werden. Dabei ist ein grösstmöglicher Freiraum das Ziel, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern. Die Informationen zu Koordination und Etablierung der neuen Arbeitsmethoden sollen für Institu­tionen, Branchen, Unternehmen und Experten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Verfügung stehen. Der Dialog in der Holzbaubranche wird durch Holzbau Schweiz geführt. Bereits wurden durch den Verein "Bauen digital Schweiz" über 60 geeignete BIM-Projekte identifiziert, für die nun erste Massnahmen entlang der sechs Priorisie­run­­gen "Prozess", "Mensch", "Bauindustrie", "Technologie", "Recht" und "Innovation" umgesetzt werden. Diese werden aufgearbeitet und möglichst rasch allen Beteiligten zugänglich gemacht. Mit einem BIM-Camp und einem BIM-Kongress von "Bauen digital Schweiz" werden die ersten Ergebnisse am 27. und 28. Oktober 2016 in Zürich vorgestellt und mit Vertretern aus Wirtschaft, Technologie und Politik diskutiert. bauen-digital.ch

Der Autor

Paul Curschellas ist Architekt FH/SIA und CIO der buildup AG, eines Spin-offs der ETH, Mitbegründer von «Bauen digital Schweiz» und Mitglied der Strategie­gruppe. buildup.ch, buildingSMART.ch, bauen-digital.ch

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