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03/2017 Wertewandel

AUS.GEZEICHNET

Eine Bühne im Rampenlicht

Zuletzt hatte sie auf dem Moon & Stars 2017 in Locarno ihren grossen Auftritt: die mobile Bühne auf der Piazza Piccola, deren einzelne Elemente an Bienenwaben erinnern. Ein junges Team aus Ingenieuren und Ehrenamtlichen entwarf und realisierte die Bühnenbedachung. Dafür gab es einen Building Award 2017 in der Kategorie Young Professionals.

Text Michael Büeler, SD | Fotos Adi Bitzi, Michael Büeler, Silvan Heggli

Sie war eine jener Neuerungen, die das Moon & Stars 2017 in Locarno zu bieten hatte: die zweite Bühne auf der Piazza Piccola als Plattform für nationale wie auch internationale Newcomer. Die Bedachung mit ihrer markanten Wabenkonstruktion ist eine Leihgabe des Kulturvereins NON aus der Zentralschweiz.

Die Anforderungen

Ihren Anfang nahm die Konstruktion 2016 mit der fünften Ausgabe des NON-Openair auf dem Weingut Sitenrain in Meggen (LU). Das kleine Musikfestival hat sich über die Jahre zur festen Grösse im Luzerner Veranstaltungskalender entwickelt. Für die Jubiläumsausgabe sollte die in die Jahre gekommene Bühnenbedachung ersetzt werden. Die Anforderungen waren präzise definiert: Die Bühne sollte einen hohen Wiedererkennungswert besitzen und gleichzeitig in Form und Materialisierung der Vorgängerversion ähneln. Zudem waren gefordert: der Einsatz einfachen Werkzeugs sowie die schnelle und unkomplizierte Montage und Demontage durch Laien in weniger als einem Tag. Die Konstruktion sollte so robust sein, dass sie häufige Montagen und Transporte unbeschadet übersteht. Die Einzelteile sollten platzsparend transportiert und gelagert werden können.

Zudem spielte das kleine Budget eine entscheidende Rolle – Personal- und Materialkosten mussten niedrig bleiben. Deshalb wurde so viel wie möglich in der Produktion von der Bauherrschaft selbst, dem Kulturverein NON, ausgeführt. Hinter der Konstruktion steht ein interdisziplinäres Team aus dem Trägerverein, bestehend aus Architekten sowie Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieuren, die sich zu grossen Teilen ehrenamtlich bei dem Projekt engagierten.

Das Konzept

Die Holzkonstruktion besteht aus 42 vorgefertigten Fünf- und Sechseckelementen, die analog zu einem Rad mit Speichen über vorgespannte Gewindestangen ausgesteift werden. Zwei Bauschrauben pro Seite verbinden die Elemente. Ein Lehrgerüst ist nicht nötig – die Bühne kann im Freivorbau montiert werden. Auch braucht es keine Hebemaschinen, da die Elemente über eine im Zentrum der Kugel gelenkig gelagerte Stange händisch in die Montageposition gehoben werden können. Die vordersten Elemente sind über speziell entwickelte Stahlteile biegesteif miteinander verbunden und bilden so einen Bogen, auf dem sich die restliche Konstruktion abstützen kann. Ein Erdanker aus Holz fixiert die Viertelkugel im Boden. Die Membran wird in eine am Bogen befestigte Kederschiene eingezogen und mittels Spannsets abgespannt. Die Montage der Holzkonstruktion dauert etwa sechs Stunden, die Membran ist innerhalb einer Stunde montiert und abgespannt.

Die Realisierung

Die Grundstruktur wurde in den Programmen Grasshopper und Rhino in 3D parametrisiert. So konnte die gewünschte Form gemeinsam mit dem Team des Kulturvereins gefunden werden. Die Architekten von ROK aus Zürich arbeiteten anschliessend die Geometrie auf und sandten die Daten als Grundlage an das Bündner Holzbauunternehmen Künzli Holz. Dort entstanden die abgebundenen Lamellenstücke aus Furnierschichtholz Kerto-Q. Das Team des NON-Kulturvereins setzte diese an zwei Wochenenden zu Elementen zusammen. Um Kosten zu sparen, wurde die Membran nicht auf die einzelnen Fünf- und Sechseckelemente zugeschnitten. Sie besteht stattdessen aus nur neun Elementen, deren Zuschnitt so geplant wurde, dass sich die Membran trotzdem möglichst gut an die Form der Bedachung anpasst.

Nach dem Moon & Stars in Locarno ist die Bühnenkonstruktion nun wieder zurück in der Heimat am NON-Openair. Das Festival findet am 22. und 23. September 2017 auf dem Bioweingut Sitenrain in Meggen statt.
waltgalmarini.ch, openair-non.ch               

Das Projekt – die Fakten

Objekt: mobile Bühnenbedachung
Bauherrschaft: NON Kulturverein, Meggen (LU) Entwurf, Tragwerksplanung und Gesamtleitung: Michael Büeler, WaltGalmarini, Zürich
Werkplanung Membran: WaltGalmarini; BlessHess, Luzern
Digitale Planung: ROK Rippmann Oesterle Knauss GmbH, Zürich
Abbund Holzlamellen: Künzli Holz AG, Davos (GR)
Produktion Membran: HP Gasser Membranbau, Lungern (AG)
Verwendetes Holz: Furnierschichtholz Kerto-Q
Bauvolumen: 150 m3


Ausgezeichnet mit dem Building Award 2017

Das Projekt erhielt den Building Award 2017 in der Kategorie Young Professionals. Mit der Bühnenbedachung und dem ArchTec-Lab ETH, Sieger in der Kategorie Forschung, waren damit zwei der fünf ausgezeichneten Projekte in Holzbauweise. building-award.ch

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