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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

04/2020 Auf der Überholspur

Stil.Form

Ein Herz aus Eiche

Es ist Wirkungsstätte und Kreativzentrum. Es ist Heimat: das neue Haus des Luzerner Sinfonieorchesters. Im Zentrum steht der grosse Probesaal im dritten Obergeschoss. Eiche war das Material der Wahl. Weil eine warme Atmosphäre gewünscht war. Und nicht zuletzt, weil es die hohen Anforderungen an die Akustik erfüllt.

Text Sandra Depner, PD | Fotos Annett Landsmann

Nicht selten stufen Kritiker in ihren Rezensionen das Luzerner Sinfonieorchesters in die «Königsklasse», gar «Weltklasse» der Instrumentalensembles ein. Kaum zu glauben, dass das Residenzorchester des Kultur- und Kongresszentrum Luzern, kurz KKL, lange auf einen adäquaten Proberaum für sinfonisch besetzte Proben warten musste. Im neuen Orchesterhaus verfügt das Ensemble über einen dreimal so grossen Raum, wie er den Musikern zuvor im KKL zur Verfügung stand. Keine fünf Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem KKL und dem Neubau auf dem Kampus Südpol – Kampus mit einem «K» statt einem «C», weil hier die Kultur im Fokus ist. Am Fusse des Pilatus steht ein schweizweit einzigartiges Konglomerat an geballter Kultur- und Musikkompetenz. Vertreten sind die Musikschule Luzern, das Luzerner Theater und die Kultureinrichtung Südpol. Neu dazugekommen sind das Orchesterhaus sowie der Neubau der Hochschule Luzern – Musik.

Nach zwei Jahren Bauzeit öffnete das Orchesterhaus dieses Jahr seine Pforten, wobei die Eröffnung pandemiebedingt nicht im Mai, sondern im September stattfand. 2016 entschieden Enzmann Fischer Partner und Büro Konstrukt den Architekturwettbewerb für sich. Im Neubau stehen den Musikerinnen und Musikern Konzerträume, Ateliers, Begegnungszonen, eine Bibliothek sowie grosse und kleine Proberäume zur Verfügung. Der grösste von ihnen ist der Probesaal aus Eiche – ein Ort, der zum Proben, aber auch für öffentliche Darbietungen gedacht ist.

Im Kontrast zum Herz aus Eiche: der erste Eindruck vom Dreigeschosser. Silbrig glänzend sticht das neue Orchesterhaus auf dem Südpolareal hervor. Der in rohes Aluminium gehüllte Quader knüpft rein optisch ein feines Band mit den umliegenden Gewerbebauten und erinnert in der neuen Kulturzone an deren industrielle Vergangenheit. Grosszüge Fenster durchbrechen die Aluminiumschale und ermöglichen Sichtbezüge auf den Vorplatz, die umliegenden Grünanlagen und die Berge.


Höhepunkt im Obergeschoss

Das Orchesterhaus folgt einer gewissen Steigerung. Das markieren einerseits die Fassadenelemente, die das Haus Geschoss um Geschoss mehr in die Höhe ziehen. Andererseits entspricht auch die Raumabfolge diesem Schema. Die Einzelproberäume befinden sich im ersten Geschoss – hier sind auch Büros und das Lager. Im zweiten Obergeschoss finden sich die grösseren Registerproberäume und die Sitzungsräume. Ganz oben, im dritten Obergeschoss, thront der Probesaal: 9,5 Meter hoch, ein Volumen von 4000 Kubikmetern, ein grosses Fenster und von da aus der Blick Richtung Pilatus.

Ortbeton und Kalkstein bestimmen die primäre Tragstruktur vom Parterre bis und mit dem zweiten Obergeschoss. Das Tragwerk darüber sowie die Dachkonstruktion über dem Probesaal bestehen aus Stahl; Ausfachung und Innenwände sind mit Kalkstein gemauert – unter anderem auch wegen des Schallschutzes. Für den Probesaal erstellte Schaerholzbau aus Altbüron die umspannenden Decken und Dachrandelemente – klassische Hohlkastenelemente auf einer Stahlkonstruktion. Die Schreinerarbeiten übernahm die in Hochdorf ansässige Firma Arpagaus.

Die Bauherrschaft wünschte sich einen Saal mit einer warmen Atmosphäre. Die Eiche kam diesem Wunsch am besten entgegen. «Das wäre aber gemäss Baubudget nicht finanzierbar gewesen», erklärt Intendant Numa Bischof Ullmann auf Nachfrage. So kam es, dass ein Mäzen die Kosten für das Eichenholz übernahm. Notabene: 90 Prozent des Bauprojekts sind über private Mittel finanziert.

Für die Akustik des Saals und auch aller anderen Proberäume war die Firma Applied Acoustics zuständig. Dass die Wahl dabei auf Holz als dominantes Material fiel, lag mitunter an den Anforderungen, denen der Probesaal gerecht werden sollte. Die Struktur der Oberflächen und Platzierung der Paneele, das Volumen sowie die Raumhöhe von neuneinhalb Metern kreieren den gewünschten Nachhall im Raum. So präzise, dass geübte Ohren sowohl die Klangbildung des ganzen Orchesters als auch eines Einzelinstruments beurteilen können. sinfonieorchester.ch, enzmannfischer.ch, buerokonstrukt.ch

Das Projekt – die Fakten

Objekt: Probesaal, Orchesterhaus
Standort: Kriens (LU)
Bauphase: August 2018 bis Juni 2020
Bauherrschaft: Stiftung für das Luzerner Sinfonieorchester
Architektur: Enzmann Fischer Partner und Büro Konstrukt, Luzern
Holzbau: Schaerholzbau, Altbüron (LU)
Scheinerarbeiten: Arpagaus, Hochdorf (LU)
Akustik: Applied Acoustics GmbH, Gelterkinden (BL)
Baukosten, gesamt: CHF 10 Millionen
Gebäudevolumen (SIA 416): 9133 m3
Probesaal: 4000 m3, Raumhöhe 9,5 m
Holz: Saalverkleidung aus Eiche massiv und furniert

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