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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

01/2022 Starker Auftritt

Stand.punkt

«Es gibt im Tessin mittlerweile mehr Betriebe, die Holzbau anbieten»

Es tut sich was im Tessin. Seit rund 15 Jahren nimmt der Holzbau im Süden der Schweiz, der auf keine lange Holzbautradition zurückblicken kann, deutlich Fahrt auf. Um die Entwicklung noch schneller voranzutreiben, braucht es vor allem im Bereich Aus- und Weiterbildung entsprechende Veränderungen. Ein Gespräch mit Luca Pagnamenta, Sektionspräsident Tessin/Moesa sowie Mitglied der Zentralleitung und Vizepräsident beim Verband Holzbau Schweiz.

Interview Susanne Lieber | Foto zVg

Herr Pagnamenta, wie steht es aktuell um den Holzbau im Tessin?
Wir kennen seit Jahren eine positive Entwicklung. Es wird immer mehr mit Holz gebaut und die Betriebe sind gut beschäftigt.

Haben sich die Bauaufgaben verändert?

Ja. Man kann heute nicht mehr sagen, dass die Zimmereien im Tessin nur mit Dachstühlen und Bedachungen beschäftigt sind. Holzbauten sind ein wichtiger Teil der Aufträge geworden. Um auf diesen Zug aufzuspringen, haben verschiedene Unternehmen stark in ihre Produktionsmittel investiert. Es gibt eine Nachfrage nach verschiedenen Objekten: Ein- und Mehrfamilienhäuser, Aufstockungen, Anbauten und Sanierungen.

Beim Prix Ligum 2021 wurden insgesamt nur 15 Bauprojekte aus dem Tessin eingereicht. Dabei lag die Gesamtzahl aller Einreichungen aus der Schweiz bei einem Rekordhoch von über 500 Projekten. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich finde, das ist ein sehr erfreuliches Resultat. Das Tessin liegt nur knapp unter dem kantonalen Durchschnitt. Ich kann mir gut vorstellen, dass bei der nächsten Veranstaltung noch mehr Projekte eingereicht werden.

Sie sind seit 2014 in der Berufsförderung tätig. Wie sieht es im Tessin mit dem Holzbau-Nachwuchs aus?

Wir haben einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Wir hätten gerne mehr junge Leute, die sich für unseren Beruf entscheiden. Es ist generell im Baugewerbe schwierig, die Jugend für eine Lehre zu begeistern. Immer mehr Schüler entscheiden sich für ein Studium und besuchen das Gymnasium. Wir müssen unsere Bemühungen bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften erhöhen. Die Sektion arbeitet daran. Vor einigen Jahren mussten wir auch hinnehmen, dass einige Betriebe nicht mehr als Lehrbetrieb tätig sein wollten. Aber nur bei der Grundausbildung anzusetzen, reicht nicht, um die Holzbaubranche im Tessin zu stärken. Wir haben zum Beispiel keine weiterführende Ausbildungsmöglichkeit, die auf Italienisch angeboten wird. Wenn ein Jugendlicher eine höhere Ausbildung anstrebt, muss er diese entweder auf Deutsch oder auf Französisch absolvieren. Die Jungen, die diesen Schritt wagen, sind meistens erfolgreich, aber für einige ist die Fremdsprache abschreckend. Andere setzen ihre Ausbildung in verwandten Branchen fort. Wir arbeiten zusammen mit dem Kanton an einer Lösung für die Hölzigen.

Was würden Sie sich für den Tessiner Holzbau in Zukunft noch wünschen?

Es wäre erfreulich, wenn die öffentlichen Verwaltungen die Möglichkeiten des Holzbaus mehr wahrnehmen würden. Dies könnte dem Holzbau im Tessin einen zusätzlichen Schub geben. Veranstaltungen wie der Prix Lignum und das Bedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit haben in dieser Hinsicht bestimmt eine positive Wirkung.

Luca Pagnamenta, Sektionspräsident Tessin/Moesa (Holzbau Schweiz)

Seit 2015 ist Luca Pagnamenta Mitglied der Zentralleitung und seit 2020 Vizepräsident
des Verbands Holzbau Schweiz mit Sitz in Zürich. Zusammen mit seinem Cousin Federico Pagnamenta führt er seit 2017 das Familienunternehmen Aurelio Pagnamenta SA, das 1959 vom Grossvater in Barbengo (TI) gegründet wurde. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 27 Mitarbeitende, darunter 3 Lehrlinge. pagnamenta.ch/de

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