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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

04/2018 Ausgezeichnet

FOKUS.THEMA

Glatte Schale – rauer Kern

Kühl und repräsentativ: So zeigt sich das MAD3 mit seiner glatten Aluminiumfassade von aussen. Die Architektur setzt im Inneren auf die atmosphärische Kombination von massiven Holzbauelementen mit rohem Sichtbeton. Das neue Verwaltungsgebäude der Kantonspolizei Freiburg gilt als Leuchtturmprojekt hinsichtlich des Umgangs mit heimischen Ressourcen – das brachte MAD3 zweifach Auszeichnungen ein.

Text SD, PD | Fotos Roger Frei – Prix Lignum 2018

Der vorbildliche Einsatz von regionalem Holz beim neuen Verwaltungsgebäude MAD3 der Kantonspolizei Freiburg in Granges-Paccot (FR) wurde mit dem Prix Lignum 2018 gleich zweifach ausgezeichnet: zum einen mit dem ersten Rang in der Region West, zum anderen in der Kategorie «Schweizer Holz». 2457 Kubikmeter einheimisches Holz wurden für die Tragstruktur des Hybridbaus verwendet. Das sind auf den gesamten Holzverbrauch gerechnet 97 Prozent Schweizer Holz. Doch nicht nur der Baustoff allein zeugt von einem ausgesprochen sensiblen Umgang der Bauherrschaft – das Hochbauamt des Staates Freiburg – mit dem Thema Nachhaltigkeit und hinsichtlich der Einbindung der heimischen Wirtschaft. Denn auch ein Grossteil der Wertschöpfung – vom Sägen, Verarbeiten, Produzieren der Elemente bis zu Montage und Bau – wurde von regionalen Unternehmen erbracht.

Bereits 2011 beschloss der Staatsrat des Kantons Freiburg, verschiedene Massnahmen zur nachhaltigen Entwicklung des Kantons strategisch zu verfolgen. Aus den eingereichten Vorschlägen kamen einige Vorzeigeprojekte in die engere Auswahl, die sich durch ihre Sichtbarkeit hervorhoben und eine Leuchtturmfunktion mit Hebelwirkung einnehmen könnten. Eines davon beschäftigte sich mit der besseren Nutzung von Holz in öffentlichen Gebäuden. Erste sichtbare Früchte trägt diese strategische Regionalpolitik nun mit dem Neubau des MAD3, das das grösste öffentliche Gebäude mit einem Tragwerk aus Massivholz im Kanton Freiburg sein soll. Der Einsatz des erneuerbaren Rohstoffs Holz entspricht auch den Zielen des Kantons im Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Mehr als zehn Jahre war der Neubau schon überfällig. Der Architekturwettbewerb fand 2011 statt. Grund für die Baumassnahmen war, dass die Kantonspolizei einen neuen, grösseren Standort benötigte, der dort die einzelnen Einheiten der Kantonspolizei zusammenfasste. Das neue Gebäude sollte die Kommandodienste, die Stabsdienste, den Personalbereich und das Ausbildungszentrum sowie das Kommando der Gendarmerie unter einem Dach vereinen. Mit der Zusammenlegung sollte mehr Sicherheit geschaffen werden; ausserdem hätten die Trennung der Kommandos und die Verteilung der zentralen Dienste die Zusammenarbeit und die Führung beeinträchtigt. Die Grundsteinlegung erfolgte im September 2015, das Richtfest fand ein Jahr später statt. Der Baukredit belief sich auf 42,5 Millionen Franken. Im Oktober 2013 gab der Grosse Rat grünes Licht für den Bau und fünf Monate später dann auch das Stimmvolk.

Das Gebäude, wie es heute in Granges-Paccot nahe des Autobahnzubringers von Freiburg-Nord liegt, wurde vom Architekturbüro Deillon Delley Architectes SA in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Chabloz & Partenaires entworfen. Das Projekt läuft unter der Bezeichnung MAD3 – ein unverschnörkelter Name, der sich aus der Abkürzung des Standorts am Chemin de la Madeleine 3 in Granges-Paccot ergab. Es galt einen Bau zu entwerfen, der die Bedürfnisse der Kantonspolizei deckt. Das neue Gebäude sollte genügend Platz bieten, um die Einheiten der Freiburger Kantonspolizei wieder an einem Standort zu bündeln. Gefordert waren Büroflächen für die zentralen Dienste und die Kommandos, Ausbildungs- und Versammlungsräume sowie eine Cafeteria mit 150 Sitzplätzen für die Polizei sowie das Personal der übrigen Dienststellen des Staates, die in der Nähe sind. Und ein Dojo: eine Übungshalle für die körperlichen Trainings der Polizistinnen und Polizisten aus dem gesamten Kanton.

WIE EINE ALUMINIUMFESTUNG

Das Verwaltungsgebäude hat fünf Ebenen, ist 71,40 Meter lang, 14,50 Meter breit und hat eine Höhe von 16,70 Metern. Gearbeitet wurde mit verschiedenen Holzwerkstoffen: Massivholz, Dreischichtplatten sowie Varianten von Brettschichtholz. Der hybride Holz-Beton-Bau fügt sich in das Gelände ein und bietet eine ausgewogene Beziehung zu bestehenden Gebäuden. Nicht nur das: MAD3 verleiht dem geschaffenen Raum einen urbanen Charakter und stellt eine volumetrische und funktionale Beziehung zu den Gebäuden Madeleine 1 und 8, dem Sitz des Interventionszentrums der Gendarmerie, her. Markant ist die kühle Fassadenstruktur aus eloxierten Aluminiumplatten. Während im Architekturwettbewerb Holz als Beurteilungskriterium vorgegeben war, hatten die Architekten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Materialwahl bei der Fassade. Die Aluminiumfassade verleiht MAD3 seinen besonderen Ausdruck und bekräftigt die Kantonspolizei in ihrer Rolle als Institution. Die Gestaltung setzt auf einen regelmässigen Rhythmus aus sich abwechselnden Elementen: die hellen, länglichen Aluminiumplatten und die hohen, in die Fassadenstruktur nach innen gerückten Fenster. Die Aluminiumelemente stehen wie Zinnen – ähnlich wie bei einer Burg oder Festung – über, was den autoritären Charakter des Gebäudes verstärkt.

Das langgestreckte Bauwerk, das sich aus drei miteinander verbunden Baukörpern zusammensetzt, bietet Flexibilität für die Benutzer hinsichtlich der Gestaltung und der Nutzung der grossen Räume. Auf der Süd-West-Seite befindet sich die Zufahrt zur unterirdischen Garage. Die Zufahrt erfolgt auf der Ebene 0. Der Eintritt in das Polizeigebäude ist auf der Ebene –1 platziert. Auf dieser Ebene sind auch das Dojo sowie Umkleideräume untergebracht. Im Erdgeschoss werden die Besucher in einem grossen Raum empfangen. Auf der Ebene 1 befinden sich die Cafeteria sowie Konferenz- und Schulungsräume. Die beiden obersten Stockwerke sind für die Büroräume vorgesehen. Das Erdgeschoss befindet sich zur Hälfte unter der Erdoberfläche und besteht aus vorgespanntem Stahlbeton. Zwei tragende Stahlbetonkerne sind entlang der mittleren Achse angeordnet. Auch die Verteilungszentren sind aus Sicherheitsgründen aus Beton konzipiert. Das Tragwerksystem besteht aus einer Holzkonstruktion auf vier Ebenen. Die Innenarchitektur wird von den regelmässig angeordneten, quadratischen Holzpfeilern dominiert. Alle 2,1 Meter ist ein solcher Balken platziert. Die Brettschichtholzstützen bestimmen den Rhythmus und ordnen das Gebäude entlang seiner Längsachse. Spannweiten von 7,2 Metern strukturieren den administrativen Teil in der Breite. Grosse Räume hingegen sind in den Strukturen mit einer Spannweite von zwölf Metern platziert, wie zum Beispiel das Sitzungszimmer im ersten Stock.

DAS HOLZ GIBT DEN TAKT VOR

Bei der Planung und Realisierung gab das Holz den Takt vor. Das liegt daran, dass eine so grosse Menge regionales Holz nicht auf Lager ist, sondern zunächst in den Verarbeitungskreislauf gerät. Das heisst, dass das Holz in den Kantonswäldern erst noch gefällt, getrocknet und weiterverarbeitet werden musste. Sieben regionale Sägereien waren mit dem Grossauftrag beschäftigt. Die Beteiligten – Sägereien, Holzbauer und Holzbauingenieur – standen somit bereits sehr früh in der Planungsphase in engem Kontakt. MAD3 ist ein Aushängeschild kantonaler Wirtschaftsleistung. In seinem Vortrag am Holzbautag Biel 2018 ging Gian Carlo Chiovè, Kantonsarchitekt und Amtsvorsteher des Hochbauamts Freiburg, auf das Verhältnis zwischen öffentlicher Bauherrschaft und nachhaltigem Bauen ein: «Nachhaltigkeit bedeutet für uns, Bauwerke von hoher architektonischer Qualität zu erstellen, welche eine gesundheitlich unbedenkliche und langfristige Nutzung gewähren. Dies unter Berücksichtigung der wertvollen Ressourcen und des steigenden Energiebedarfs.» Mit MAD3 als grösstem Verwaltungsgebäude mit einer Holzstruktur im gesamten Kanton ist ein erster Schritt in diese Richtung getan.
deillondelley.ch, chabloz-partenaires.ch



Jury-Kommentar des Prix Lignum 2018

«Das Verwaltungsgebäude der Freiburger Kantonspolizei überzeugt die Jury mit seiner Klarheit und Einfachheit. Es nutzt einen ökologischen Baustoff aus den kantonseigenen Wäldern und setzt damit einen Gegenpol zum globalisierten Denken: Insgesamt besteht das Gebäude fast komplett aus Schweizer Holz. Hinter der Fassade sorgt das Holz für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Und der Neubau bringt Holz in einen Kontext, in dem man es nicht erwarten würde. Er macht klar: Holz ist allen Aufgaben und jeder Situation gewachsen.»


Das Projekt – die Fakten

Objekt: Verwaltungsgebäude der Freiburger Kantonspolizei, Neubau
Standort: Granges-Paccot (FR)
Bezugsfertigstellung: 2017
Wettbewerb: 2011
Bauherrschaft: Staat Freiburg, Hochbauamt, Freiburg
Architektur: Deillon Delley Architectes SA,
Bulle (FR)
Ingenieur: Chabloz & Partenaires SA,
Lausanne (VD)
Holzbau: Brawand Zimmerei AG,
Grindelwald (BE)
Gesamtkosten: CHF 40,6 Millionen, davon CHF 3 Millionen für den Holzbau (CFC 214)
Gebäudevolumen: 33?000 m3  
Gesamtfläche: 8000 m2
Verwendetes Holz: 140 m3 Brettschichtholz, 2200 m2 Dreischichtplatten, 570 m3 Massivholz
Herkunft: 2457 m3 Fichte/Tanne aus Freiburger Wäldern
Auszeichnungen: Prix Lignum 2018 Sonderpreis Schweizer Holz und erster Rang Region West

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