Magazin FIRST

Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

04/2019 Zukunft

BAU.WERK

Zwei Jahre, ein Höhenrekord

Rotkreuz schreibt Baugeschichte: Hier steht das nach aktuellem Stand der Technik höchste Holzhybrid-Hochhaus der Schweiz. Zwei Jahre wurde an dem 60 Meter hohen Bürobau auf dem Suurstoffi-Areal gebaut. Im August 2019 bezog die Hochschule Luzern als Ankermieterin schliesslich die neuen Räumlichkeiten.

Text SD, PD | Fotos Ingo Jöhn, Zug Estates AG

 

«Alles im Grüene» lautet der Slogan des Suurstoffi-Areals. Auf dem ehemaligen Industriegelände in Rotkreuz unweit des Bahnhofs ist seit 2010 ein nachhaltiges Quartier im Entstehen. Das rund 165000 Quadratmeter grosse Suurstoffi-Areal setzt auf CO2-Neutralität. Nach Abschluss der Arbeiten 2020 steht Wohnraum für rund 1500 Personen zur Verfügung. Das Areal wird zudem Platz für etwa 2000 Studierende schaffen und über 2500 Arbeitsplätze bieten. Für Aufsehen sorgte 2018 die Fertigstellung des Bürogebäudes Suurstoffi 22: mit zehn Stockwerken das erste Holzhochhaus der Schweiz, eine Hybridkonstruktion aus Holz und Beton.

Die Bauherrschaft ist die Zug Estates AG. Den eigenen Rekord schlug die Immobiliengesellschaft auf demselben Areal, auf dem Baufeld 1: mit Suurstoffi 1 (Haus B), das mit 60 Metern Höhe und 15 Stockwerken höchste Holzhochhaus der Schweiz. In das Baufeld 1 hat die Zug Estates AG um die 195 Millionen Franken investiert. Es bietet eine Mietfläche von insgesamt 26000 Quadratmetern. Als Ankermieterin tritt die Hochschule Luzern hervor, die dort den neuen Campus Zug-Rotkreuz platziert hat.


Neuer Informatik- und Finanzcampus

Die Hochschule Luzern vereint das Departement Informatik und das Institut für Finanzdienstleistungen auf dem Campus Zug-Rotkreuz. Sie ist in zwei Gebäude eingemietet, die miteinander verbunden sind. In dem Holzhochhaus belegt sie neun Etagen – vom ersten Untergeschoss bis ins achte Obergeschoss. Das zweite Gebäude, das Hauptgebäude (Haus A), nutzt die Hochschule allein. Insgesamt stehen 16150 Quadratmeter zur Verfügung.

Die Hauptnutzungsfläche teilt sich in verschiedene Büro- und Unterrichtsräumlichkeiten auf – vom Audimax mit über 300 Plätzen bis zu kleineren Seminarräumen – sowie Zonen für individuelles Lernen oder Gruppenarbeiten. Studierenden und Dozierenden stehen Labors und Ateliers zur Verfügung. Eine grosszügige Bibliothek, das Foyer mit Wandelhalle, ein Forum, das für Veranstaltungen aller Art genutzt werden kann, eine Dachterrasse und die grosse Mensa mit zusätzlichen Selbstverpflegungszonen vervollständigen den Hochschulstandort.


Hauptgebäude mit Zentralem Lichthof

Im Hauptgebäude, einem Massivbau, ermöglicht die Wandelhalle räumlich optimale Zugangs- und Aufenthaltssituationen im Vorbereich von Forum und Audimax. Auskragende Saalvolumina modulieren den rundum laufenden Foyerbereich in teils grosszügige und luftige sowie teils enge, komprimierte Raumfolgen. Die inneren Oberflächen sind in Sichtbeton gehalten. Zwei offen geführte Treppen weisen vom Erdgeschoss den Weg in das erste Obergeschoss. Hier liegen die Zugänge zu einem weiteren Hörsaal und dem Balkon des Forums. Auf diesem Geschoss verbindet sich auch der zentrale Lichthof, der vom zweiten Geschoss bis zum Dach führt, mit der Wandelhalle zu einem gemeinsamen Innenraum. Dieser erzeugt für die Hochschule eine starke Identität und gewährt innere Sichtbeziehungen. Ab dem Lichthof werden die Geschosse gemeinsam über die zwei Haupttreppenhäuser erschlossen und sind auf jeder Ebene mit dem Hochhaus verbunden.

60 Meter hoher Turm «Arbo»

Das 60 Meter hohe Hochhaus «Arbo» orientiert sich in seiner städtebaulichen Grundausrichtung orthogonal zum prägenden Gleisraum. Der Neubau steht frontal zum Ankunfts- und Eingangsplatz und leistet den baulichen Auftakt zum Areal Suurstoffi. Der durch seine Höhe alles überragende Turm bildet zusammen mit dem fünfgeschossigen Hauptgebäude ein eindeutiges Paar. Die 15 Geschosse sind in Holz-Hybridbauweise erstellt. Bei den Holz-Beton-Hybriddecken mit integriertem Klimatisierungssystem und aktivem Massenspeicher handelt es sich um eine Entwicklung der Erne AG Holzbau. Die Deckenelemente – bestehend aus zwei Holzrippen und einem vorfabrizierten Betonelement im Verbund – werden vom massiven Betonkern bis zur Fassade gespannt. Fassadenseitig liegen sie auf einem Holzunterzug auf, der die Holzstützen verbindet. Die zwischen den Holzrippen liegenden Haustechniksegel wurden bereits mit den Deckenelementen auf die Baustelle gebracht, um den Bauprozess zu beschleunigen. Die Holzelemente wurden im Werk des Holzbauunternehmens produziert – angeliefert just in time als Module.

 

Vorgabe war Schweizer Holz

Die Ausschreibung verpflichtete zum Einsatz von Schweizer Holz. Alle Bauteile aus Fichte/Tanne stammen aus den heimischen Wäldern. Jene Bauteile aus BauBuche nicht, sie werden in Deutschland produziert. «Für das Label ‹Holz Schweizer Herkunft› dürfen bis zu 20 Prozent der Gesamtmenge nicht aus der Schweiz sein. Der Anteil der BauBuche liegt deutlich unter 20 Prozent, somit erfüllt das Gebäude die HSH-Vorgaben», erklärt Andreas Koger von der Erne AG Holzbau.

Zu den weiteren Besonderheiten am Bau zählen unter anderem dessen schnelle Abwicklung. Der Bezugstermin war auf August 2019 datiert. Das gab allen am Bau Beteiligten einen engen Zeitplan vor. Nach dem Architekturwettbewerb, den die Arge Büro Konstrukt Architekten aus Luzern und Manetsch Meyer Architekten aus Zürich im Januar 2016 für sich entschied, hatten sie einen Planungsvorlauf von 13 Monaten, bis die Arbeiten an der Baugrube beginnen sollten. Die Baueingabe erfolgte im Januar 2017, der Baubeginn startete einen Monat darauf. Zwischen Baubeginn und Inbetriebnahme des Hochhauses lagen nur 27 Monate – inklusive Baugrube und Ausbau der Tiefgarage auf zwei Untergeschossebenen. Die mit dem BIM-Innovation-Award 2018 ausgezeichnete 5D-BIM-Planung und -Koordination sowie eine hohe Vorfabrikation trugen wesentlich zum termingerechten Bauabschluss bei. manetschmeyer.ch, zugestates.ch, buerokonstrukt.ch


Das Projekt – die Fakten

Objekt: Hochhaus «Arbo»,
Suurstoffi Baufeld 1,
Standort: Rotkreuz (ZG)
Fertigstellung: 2019
Bauherrschaft: Zug Estates AG, Zug
Architektur: Arge Büro Konstrukt AG Dipl. Architekten ETH SIA, Luzern; Manetsch Meyer Architekten AG, Dipl. Architekten ETH SIA BSA, Zürich
Holzbau: Erne AG Holzbau, Laufenburg (AG)
Holzbauingenieur: Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG, Rain (LU)
Baukosten: keine Angaben
Gebäudevolumen (SIA 416): 50'000 m3
Nettogeschossfläche (SIA 416): 12'500 m2
Holz: 955 m3 Fichte/Tanne, 90 m3 BauBuche

Magazin Wir HOLZBAUER

Das Mitglieder- und Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz