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01/2018 Präzision beim Hausbau

BAUEN

Unfallfrei auf der Baustelle

Der Baumwipfelpfad Neckertal ist der erste seiner Art in der Schweiz und absolutes Neuland auch für Holzbauunternehmer Willi Roth. Als Sicherheitsbeauftragter und Montageleiter manövrierte er die Arbeiter der Arge Neckertal unfallfrei durch die Bauphase. Das Projekt zeigt deutlich, dass Montagekonzept und Arbeitssicherheit Hand in Hand gehen – zum Wohle der Mitarbeitenden und der Wirtschaftlichkeit.

Herr Roth, Sie waren beim Baumwipfelpfad Neckertal für die Arbeitssicherheit auf der Baustelle verantwortlich. Worin lagen bei diesem Projekt die besonderen Herausforderungen?
Willi Roth: Der Baumwipfelpfad war keine alltägliche Baustelle. Die Montage fand im Wald statt. Das bedeutet, dass wir auf spezielle Bedingungen trafen. Der Waldboden vertrug nur wenig Last. Auch Bäume erschwerten die Montage. Der Wald sollte nach den Bauarbeiten weiterhin touristisch genutzt werden – ein zusätzlicher Grund, die Bäume nahezu unangetastet und den Wald intakt zu hinterlassen. Was die Arbeiten erschwerte, war die eingeschränkte Zufahrt. Bis zum Montageplatz mussten wir eine Distanz von 200 Metern überwinden.

Eine erschwerte Montagesituation, drei Arge-Betriebe und eine kurze Bauzeit. Da darf nichts schieflaufen. Wie haben Sie die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz angepackt?

Die Arbeitssicherheit hängt vom Montagekonzept ab. Deshalb plante ich nach dem Motto: «Wie können wir auf dieser Baustelle montieren? Welches Gefahrenpotenzial hat das zur Folge?» Somit war das Montagekonzept ausschlaggebend als Basis für die Sicherheit. Im nächsten Schritt bearbeitete ich das Sicherheitskonzept gemeinsam mit Markus Sidler, Teamleiter Holz-Arbeitssicherheit von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva. Wir gingen das Konzept Schritt um Schritt durch. Er gab Hinweise und Tipps, was wir machen können und was nicht.

Wie sah das Sicherheitskonzept nun im Detail aus?

Nach der Beratung habe ich die Montage- und Arbeitssicherheitskonzepte neu angepasst. Entstanden ist ein projektspezifisches Sicherheitskonzept, das die Suva so abnahm. Es basiert auf dem Konzept der Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA). Die Arbeitssicherheit sollte durch das Anbringen des Auffanggurtes an einer Lifeline gewährt werden. Auf dieser Baustelle verzichteten wir aus diversen Gründen auf einen Kollektivschutz wie beispielsweise mit Netz oder Gerüst. Zum einen, weil die Befestigung eines Gerüsts sehr aufwendig, wenn nicht sogar unmöglich gewesen wäre. Zum anderen, weil der Gerüstaufbau selbst ein sehr hohes Gefahrenpotenzial mit sich gebracht hätte. Bei der kurzen Bauzeit wäre eine aufwendige Montage nicht effizient gewesen. Zunächst wurde mit der Hebebühne gearbeitet. Als der Steg zu Teilen montiert war, griff das Konzept der persönlichen Absturzsicherung: Die Monteure machten sich an Fixpunkten auf dem Steg mittels Karabiner an der Lifeline fest.


Allein mit der Erstellung des Konzeptes war Ihre Aufgabe als Sicherheitsbeauftragter sicher noch nicht getan, oder?

Ursprünglich wollte ich während der Bauphase die Montageleitung zu 80 Prozent ausführen und zu 20 Prozent für meinen Betrieb weiterarbeiten. Das war nicht möglich, es war ein Fulltime-Job. Da wir mit PSAgA und Hebebühnen gearbeitet haben, war es bedeutend, dass nur geschultes Personal für diese Arbeiten im Einsatz war. Bei drei involvierten Holzbaubetrieben sowie Personal aus dem Militär musste ich immer wieder überprüfen, ob die erforderlichen Schulungen auch vorhanden waren. Ich war bis zum letzten Tag jederzeit auf der Baustelle und habe darauf geachtet, dass bis zum finalen Arbeitsschritt stets alle Sicherheitsmassnahmen eingehalten wurden. Selbst dann, wenn man schon von Routine sprechen konnte. Aber genau dann passieren doch die meisten Unfälle. Darüber hinaus hatten wir immer wieder Besucher auf der Baustelle, auf die wir bei der Montage Rücksicht nehmen mussten und deren Sicherheit ebenfalls nicht gefährdet werden durfte.

Gibt es Erfahrungen, die Sie der Branche weitergeben möchten?

Ein Unfall ist immer ein Unterbruch. Jeder Unfall kommt am Ende der Bilanz teurer – da gibt es nichts, was man vermeintlich an Sicherheitsmassnahmen sparen könnte. Ausserdem leidet unter dem Unfall auch das Image und das Projekt bekommt einen schlechten Beigeschmack. Der Baumwipfelpfad war eine extrem komplexe Baustelle – Montage und Sicherheit griffen wie Zahnräder ineinander. Speziell war, dass in kürzester Zeit ein solides Konzept erstellt und umgesetzt werden musste.

Würde Sie heute etwas anders machen? Und wenn ja, was?

Es gab keine Unfälle, keine Verletzungen, nicht einmal einen eingeklemmten Finger. Alles hat gut funktioniert. Warum sollte ich also etwas ändern?




Baumwipfelpfad Neckertal in Mogelsberg from imagevideo Beat Schiltknecht on Vimeo.

Sie haben Fragen?

Sie möchten mehr über das Sicherheitskonzept zum Baumwipfelpfad wissen? Fragen beantwortet Willi Roth (info(at)willi-roth-holzbau.ch). Allgemeine Informationen zur Bran-chenlösung Holzbau Vital gibt es unter: holzbau-vital.ch


Baumwipfelpfad Neckertal

Projekt: Baumwipfelpfad Neckertal
Bauherrschaft: Genossenschaft Baumwipfelpfad Neckertal
Standort: Steinwäldli bei Mogelsberg (SG)
Baujahr: 2017
Architektur: Kollektiv Nordost GmbH, Waldstatt (AR)
Holzbauingenieur: Krattiger Engineering AG, Mattwil (TG)
Bauleitung: Baubüro Schweizer, Hemberg (SG)
Holzbau: Arge Neckertal mit Egli Zimmerei AG, Oberhelfenschwil (SG); Holz Keller AG, Bächli-Hember (SG); Willi Roth Holzbau GmbH, Oberbüren (SG)
Gesamtkosten: CHF 3,8 Mio., Hochbaukosten: CHF 2,2 Mio.
baumwipfelpfad.ch