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07/2016 Frauen im Holzbau

BEWEGEN

Hat das Handwerk digitale Zukunft?

Der «Impulstag Holz» von Holzbau Schweiz stand ganz im Zeichen der Zukunft. Hat das Handwerk digitale Zukunft? Die Experten aus Digitales, Arbeit und Architektur waren sich einig: Ja! Aber nicht ohne Veränderungen.

TEXT SANDRA DEPNER | FOTOS CLAUDIA REINHART, SANDRA DEPNER

Solothurn: Das ist die Stadt der Zahl Elf - kein anderes Bauwerk verkörpert das besser als die St.-Ursen-Kathe­drale mit ihren elf Altären, elf Glocken und drei Mal elf Stufen. Solothurn ist auch die Stadt des Barocks - manch einer spricht sogar von der schönsten Barockstadt der Schweiz. Am 2. Sep-t­ember wurde Solothurn auch zur Stadt des Holzbaus. Am "Impulstag Holz" waren die Mitglieder von Holzbau Schweiz dazu eingeladen, im historischen Konzertsaal einen kritischen Blick in die Zukunft des Holzbaus zu werfen. Das Thema der Podiumsdiskussion lautete "Handwerk vs. Digitalisierung im Holzbau". Einleitend begrüsste Urs Derendinger, Präsident der Sektion Solothurn und Gastgeber der 110. Generalversammlung, die Gäste aus der Schweiz und dem nahen Ausland.
"Bemerkenswert ist die Tatsache, dass erstmals eine industrielle Revo­lution ausgerufen wird, noch bevor sie stattgefunden hat." Mit diesem Zitat von Dr. Rainer Drath aus dem ABB-Forschungszentrum stimmte Martin Etter, Bereichsleiter Politik, Kommunika­tion und Zentrale Dienste von Holzbau Schweiz, die Mit­glieder auf die Diskussion ein. Die vierte industrielle Revolution, das Internet der Dinge und Arbeit 4.0: Was das bedeutet, welche Herausforderungen und Folgen für das Handwerk daraus entstehen, das diskutierten drei Experten ihres Fachs auf der Bühne: Zukunftsforscher und Gründer der Wissensfabrik Dr. Joël Cachelin, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes Valentin Vogt sowie Architekt und ETH-­Professor Gion A. Caminada. "Tagesschau"-­Moderator Franz Fischlin leitete die Diskussion, hakte nach und überraschte - Zuschauer wie auch Redner.

Sehnsucht nach Holz in digitalen Zeiten

Gleich zu Beginn ging es zunächst um grosse, analoge Gefühle in digitalen Zeiten: Liebe und Digitalisierung - geht das zusammen? Laut Zukunftsforscher Cachelin ohne Frage: Ja! Theo­retisch, so führte er auf Nachfrage Fischlins aus, könne er sich morgen in einen Menschen verlieben, übermorgen in einen Roboter. Der Experte für Digitales betonte aber einen wichtigen Aspekt, der dem Holzbau in die Karten spielen könnte. Denn umgeben von Technik und Daten, treibe den Menschen eine besondere Sehnsucht an, wie Cachelin erklärte: "Es ist die Sehnsucht nach natürlichen, nach warmen Dingen. Holz zum Beispiel."
Valentin Vogt zeigte sich aus Sicht der Arbeitgeber überzeugt vom Potenzial der Holzbauunternehmungen: "Die Branche ist jung und innovativ. Das zeigen doch Kampagnen wie der 'Zimmermann on Tour' mehr als deutlich." Für die Zukunft gelte es nun, Denkmus­ter von gestern abzulegen, um Probleme von morgen anzugehen. Effizienz und attraktive Arbeitsplätze sind laut Architekt Gion A. Caminada nötig, um weiterhin auf dem Markt zu bestehen. Noch dringender ist nach Caminada jedoch ein Wandel in der Branche selbst und des Berufsimages angebracht: "Die Wertschätzung des Handwerks muss gesteigert werden." Auf diese deutlichen Worte des Bündner Architekten antworteten die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer mit Applaus aus den vollen den Reihen. Spontane Antworten entriss Moderator Fischlin seinen Gästen zum Schluss mit der Frage nach dem Rüstzeug der Holzbaubetriebe für die Zukunft. Cachelin riet dazu, klein anzufangen: "Ganz klar, es sind die kleinen Dinge, die Sie in den Fokus nehmen können. Wie sieht meine Internetseite aus? Soll man online bestellen können? Wo sind meine Kunden? Und was wollen sie?" Vogts Tipps waren pragmatischer Natur: "Flexibilität, Investitionen, Netzwerken. Und: Halten Sie die Augen offen." Caminada besann sich in seinem Schlusswort auf den Ursprung des Handwerks: "Verlieren Sie nicht die Eigenschaft, das Material zu spüren!"
Nach den Experten aus Architektur, Wirtschaft und Digitales standen wieder der Verband Holzbau Schweiz und die Holzbaubetriebe im Fokus. Im Anschluss an die Generalversammlung (siehe Bericht auf der folgenden Seite) erhielten vier Unternehmungen, das Gütesiegel "Holzbau Plus" für partnerschaftliche und innovative Unternehmenskultur und Personalführung (siehe Seite 75).

Holzbau erleben: Seilbahn Weissenstein

Seinen Abschluss fand der Impulstag Holz mit einem Netzwerk-Apéro und dem abendlichen Bankett im Landhaus. Neben Solothurner Spezialitäten versüsste ein besonderes Gastgebergeschenk den Anlass: Gläser mit Wald- und Crèmehonig aus der Imkerei von Bernadette und Urs Derendinger. Dass der Kanton Solothurn auch bemerkenswerten Holzbau zu bieten hat, davon überzeugten sich tags darauf die Teilnehmer des Rahmenprogramms. Mit der Seilbahn ging es hinauf auf den 1280 Meter hoch gelegenen Hausberg Solothurns, den Weissenstein. Dort wartete auf die Holzbauunternehmer ein Apéro und ein gemeinsames Mittagessen. In der Zwischenzeit konnten die rund 60 Teilnehmenden auf der Tal-, der Mittel- und der Berg­station den Holzbau hautnah erleben. Vor Ort informierten der Geschäftsführer der Seilbahn und die verantwortlichen Holzbauunternehmen über Bau, Kon­struktion und Besonderheiten der Sta­tionen. Ausführlich vorgestellt wurde die Seilbahnstation Weissenstein in der Ausgabe 3/2016 von "Wir Holzbauer" und im Magazin "FIRST" 1/2016. holzbau-schweiz.ch