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02/2017 Pavillon 4.0 zu vermieten

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Sammelserie «Austragen» TEIL 2: Gratsparren

Eine Einladung zum Konstruieren und Nachbauen ist die achtteilige Sammelserie «Austragen» von Experte Michael Hürbin. Am Modell aus dem Einladungswettbewerb der Europameisterschaft 2016 erklärt er die korrekte Vorgehensweise.

Text und Zeichnungen Michael Hürbin | Foto Marco Blessano

In dieser Ausgabe von "Wir Holzbauer" stehen das Konstruieren der Hölzer im Grundriss und das Austragen folgender Hölzer im Zentrum:

  • Gratsparren (11)
  • Firstpfosten (6)

Konstruieren im Grundriss

Die Hölzer des Grundrisses werden mithilfe der entstandenen Grat-, Kehl- und Dachbruchlinien der Dachausmittlung konstruiert. Als Erstes werden die Schwellen im Grundriss unter Zuhilfenahme des Schwellenplans eingezeichnet. Die Schwelle 2 ist identisch mit der linken Kante der Dachausmittlung (DF A). Die Schwelle 3 liegt parallel zur oberen Kante der Dachausmittlung, mit einem Abstand von 100 mm. Für die Lage der Schwelle 4 wird am besten das Schwellendetail (Hölzer 4 und 7) im Normalsparrenprofil der Dachfläche E konstruiert. Dabei wird im Profil ersichtlich, dass die Schwellenkante identisch mit der Trauflinie (+80 mm) a der Dachfläche E ist. Die Kante der Schwelle kann nun vom Profil aus in den Grundriss gezogen werden. Im Schnittpunkt b läuft die steigende Schwelle 5 in einem Winkel von 15 Grad von der Schwelle 4 weg. Da die Lage der letzten Schwelle 1 im Grundriss nirgends vermasst ist, muss diese mit anderen Angaben konstruiert werden. In der Ansicht (Hauptplan) ist das Winkelobholz der Dachfläche A mit 60 mm vermasst. Die Lage der Schwelle 1 wird durch das Konstruieren des Normalsparrenprofils der Dachfläche A und der Angabe des Winkelobholzes ermittelt. Hierbei wird im Bezug zum Grundriss das Profil DF A konstruiert. Damit der Normalsparren eingezeichnet werden kann, wird die Höhe des Sparrens (80 mm) im Profil angetragen. In einem weiteren Schritt wird das Winkelobholz konstruiert. Danach wird die Schwelle 1 im Profil DF A eingezeichnet c. Die Schwelle wird anschliessend aus dem Profil DF A im Grundriss angetragen. Die restlichen Hölzer der Dachkonstruktion können mit Bezug zur Dachausmittlung im Grundriss platziert werden. So liegen Gratsparren 11, Grataufschiebling 12, Schrägsparren des Andreaskreuzes 14 und 15 sowie der First der Gaube 18 jeweils in der Achse. Die Grat-, oder Kehllinien müssen folglich jeweils in der Mitte des Holzes liegen. Der Firstpfosten 6 liegt in der Richtung des Grats. Die Höhe des Holzes beträgt 80 mm und wird vom Firstpunkt e in Richtung des Grats angetragen. Im Grundriss wird anschliessend der Querschnitt des Firstpfostens ersichtlich. Die Aussenkanten des Normalsparrens 7 und des Aufschieblings 8, beide Abschlusssparren der Gaube 16 und 17 sowie der Schrägsparren 13 sind identisch mit den Aussenkanten der Dachausmittlung. Die beiden letzten Hölzer, Normalsparren 9 und Aufschiebling 10 werden mithilfe der Vermassungslinie im Grundriss platziert.


Gratsparren und Firstpfosten

Als Erstes wird das Profil des Gratsparrens konstruiert. In der Begriffserklärung (siehe "Wir Holzbauer" 1/2017) wurde beschrieben, dass Profile gleich wie rechtwinklige Dreiecke konstruiert werden. Nach diesem Prinzip des rechtwinkligen Dreiecks wird nun das Profil des Gratsparrens konstruiert. Das rechtwinklige Dreieck (f, g, i) wurde im Gratprofil grau hinterlegt.Damit das rechtwinklige Dreieck konstruiert werden kann, werden die Angaben von mindestens zwei Seitenlängen benötigt. Beim Betrachten des Grundrisses und der Profile DF A und DF E wird ersichtlich, dass die Seitenlängen beider Katheten des Dreiecks bekannt sind. Die erste Kathete des rechtwinkligen Dreiecks entspricht der Strecke vom Traufpunkt d bis zum Firstpunkt e. Mithilfe dieser Angabe wird im Bezug zum Grundriss die erste Kathete des rechtwinkligen Dreiecks konstruiert. Hierzu werden die Schnittpunkte von Traufpunkt d und Firstpunkt e des Gratsparrens rechtwinklig zum Holz im Grundriss (Gratsparren) nach aus-sen projiziert. Parallel zur Gratlinie (Grundriss) wird nun die Kathete eingezeichnet. So entstehen die Schnittpunkte f und g. Die Lage der Kathete kann beliebig gewählt werden. Für eine übersichtliche Darstellung empfiehlt sich, das Ganze ausserhalb des Grundrisses zu platzieren.Da die erste Kathete im Grundriss vom Traufpunkt d zum Fristpunkt e läuft, muss die zweite Kathete den Höhenunterschied h vom Trauf- zum Firstpunkt aufweisen. Der Höhenunterschied h von Trauf- zum Fristpunkt beträgt 720 mm. Dies wird beim Betrachten der Normalsparrenprofile DF A und DF E ersichtlich. Folglich ist die andere Kathetenlänge des Dreiecks identisch mit dem Höhenunterschied h (720 mm) vom Trauf- zum Firstpunkt. Das rechtwinklige Dreieck kann nun mithilfe der anderen Kathete vervollständigt werden.Das entstandene Dreieck (f, g, i) ist deckungsgleich mit dem Gratprofil. Die beiden Katheten stellen einerseits den Höhenunterschied h zwischen Trauf- und Firstlinie, anderseits das Grundmass vom Trauf- zum Firstpunkt dar. Die Länge der Hypotenuse (Strecke f - i) entspricht der wahren Gratlänge.


Die Abgratung

Da Grat-, Kehl- und Schrägsparren im Grundriss nicht 90 Grad zur Höhenlinie (Traufe) liegen, passt die Oberkante des Grat-, Kehl- und Schrägsparrens nicht mehr auf die dazugehörende Dachfläche. Deshalb müssen Grat-, Kehl- und Schrägsparren mittels Abgratung auf die Dachfläche (OK Sparren) angeschnitten werden. Damit die Kanten der Abgratung beim Grat ermittelt werden können, müssen im Grundriss die Anfallspunkte der Trauflinien (Höhenlinie +80 mm) auf der Plusseite j und der Minusseite k des Grates bekannt sein. Diese beiden Anfallspunkte werden vom Grundriss rechtwinklig zum Grat (Grundriss) ins Gratprofil bis auf die passende Höhenlinie (+80 mm) gezogen. Die daraus entstandenen Schnittpunkte l und m werden anschliessend parallel zum Gratprofil eingezeichnet. Da die Abgratung auf der Plusseite sichtbar ist, wird diese durchgezogen. Die Abgratung auf der Minusseite ist unsichtbar und wird deshalb gestrichelt dargestellt.

Schifterschnitt: Laufen bei einem Abschnitt beide Schnittkanten nicht rechtwinklig zur Längsachse des Holzes, so ist von einem Schifterschnitt die Rede. Wird beim Austragen von einem Schifterschnitt gesprochen, so ist damit meist das Prinzip des Austragens eines Schifters (Sparren, der an ein Grat-, Kehl- oder Schrägsparren läuft) gemeint. Hierbei liegt die Abschnittsfläche im Senkel. Beim Austragen können Abschnittsflächen, die senkrecht stehen, einfach ausgetragen werden, indem die Anfallspunkte auf der Plus- und der Minusseite im Grundriss rechtwinklig zum Holz (Grundriss) ins Profil übertragen werden. Da die Seiten von Normalsparren, Schrägsparren, Grat und Kehle eine senkrechte Fläche aufweisen, werden diese nach dem Prinzip des Schifters ausgetragen.

Konstruktion der Kerve

Der Kervensenkel der Schleifkerve des Grats wird mithilfe der Anfallspunkte der Schwelle 1, die im Grundriss auf der Plusseite n und der Minusseite o des Grats entstehen, konstruiert. Diese beiden Anfallspunkte werden rechtwinklig zum Holz im Grundriss ins Gratprofil gezogen und ergeben die Plus- und Minuskanten des Kervensenkel. Das Kervenblei ergibt sich aus der Ebene der Schwellenoberkante. Diese Bleiebene liegt auf einer Höhe von +80 mm. Deshalb wird das Schwellenblei mit einer Höhenlinie von +80 mm konstruiert.

Abschnitte des Gratsparrens

Die Abschnitte des Gratsparrens sind allesamt Schifterschnitte. Folglich können die Schnittpunkte, die auf der Plus- und der Minusseite anfallen, rechtwinklig zum Holz (Grundriss) ins Profil gezogen werden. Wichtig dabei ist, dass die Anfallspunkte auf der Plus- und der Minusseite genommen werden. Die Punkte des Ursenkels werden nur für die Sichtbarkeit des Abschnitts benötigt.


Fersenversatz an Firstpfosten

Der Fersenversatz wird mithilfe der Unterkante des Grats 11 und der Innenkante des Firstpfostens 6 erstellt. Die Versatztiefe von 20 mm wird von der Unterkante des Grates parallel angetragen. Am Schnittpunkt, an dem die Innenkante des Firstpfostens die Hilfslinie der Versatztiefe schneidet, wird der Versatz rechtwinklig zum Firstpfosten bis auf die Unterkante des Grates zurückgezogen. Der Rest des oberen Abschnitts läuft an die Unterkante des Grats.

Firstpfosten auf Schwelle

In der 3-D-Ansicht wird ersichtlich, dass sich der Firstpfosten 6 mit einem Ohr an die Schwelle 2 anschmiegt. Der untere Abschnitt des Firstpfostens 6 ist identisch mit der Höhenlinie +/-0.00. Der Schwellenausschnitt wird über zwei Ebenen konstruiert: die Seiten- und die Oberkante der Schwelle 2. Die Schwellenoberkante liegt im Blei und auf einer Höhe von +80 mm. Infolgedessen wird der Anschnitt auf Oberkante Schwelle 2 mit einer Höhenlinie von +80 mm kon-struiert. Die Seitenebene der Schwelle steht senkrecht. Beim Fristpfosten 6 (Grundriss) entsteht durch die Schwelle 2 je ein Schnittpunkt auf der Plusseite p und der Minusseite q. Diese werden rechtwinklig zum Holz (Grundriss) ins Profil übertragen und ergeben beim Firstpfosten 6 die Plus- und die Minus-kante des seitlichen Anschnitts an die Schwelle 2.

Den vollständige Plan des Einladungswettbewerbes sowie die Aufgabenblätter finden sie hier als PDFs:

Der Autor

Michael Hürbin unterrichtet die angehenden Zimmerleute an der Berufsschule Lenzburg, ist Experte für Polierprüfungen und Trainer des Schweizer Nationalteams der Zimmerleute. Kontakt:
nationalteam(at)holzbau-schweiz.ch