Magazin FIRST

Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

Magazin Wir HOLZBAUER

Das Mitglieder- und Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz

06/2017 Tradition neu gebaut

BILDEN

Sammelserie «Austragen» Teil 6: Grataufschiebling

Die achtteilige Sammelserie von Experte Michael Hürbin ist eine Einladung zum Konstruieren und Nachbauen. Am Modell des Einladungswettbewerbs der letzten Europameisterschaft wird die korrekte Vorgehensweise erklärt. Auf der Website von Holzbau Schweiz gibt es die Zeichnungen zum Download.

TEXT UND ZEICHNUNGEN MICHAEL HÜRBIN | FOTO MARCO BLESSANO

In der Dachausmittlung wird sichtbar, dass der Grataufschiebling die Dachflächen A und D miteinander verbindet. Die Gratlinie des Aufschieblings läuft dabei von der Trauflinie +80 mm bis zur Dachbruchlinie +300 mm. Als Erstes wird mit Hilfe der beiden Schnittpunkte a und b das Profil des Grataufschieblings konstruiert. Dabei werden die Schnittpunkte a und b rechtwinklig zum Aufschiebling im Grundriss ins Profil des Aufschieblings übertragen und auf der passenden Höhenlinie angetragen. Zum Gratprofil werden zudem die Abgratungen und die Gratdimension ergänzt.

Gratprofil und Abgratung
Die Grathöhe wird im Grundriss (Gratquerschnitt) sichtbar und beträgt 80 mm. Sie wird parallel zum Gratprofil angetragen. Die Linien der Abgratung werden über den Grundriss mit Hilfe der Plus- und Minuskanten konstruiert. Durch das Abgraten wird der Grat auf die Dachflächen A und D angeschnitten. Demzufolge läuft die Abgratung identisch mit den Dachflächen. Somit liegen die Schnittpunkte c und d auf der Plus- und Minusseite des Grats 12 ebenfalls auf der Höhe der Trauflinie (+80 mm) der Dachflächen A und D. Zum Konstruieren der Abgratung am Grataufschiebling werden die Schnittpunkte c und d vom Grundriss rechtwinklig ins Profil des Aufschieblings auf der Höhe +80 angetragen. Die Abgratung wird anschliessend parallel zur Gratlinie angetragen.


Abschnitt Traufe

Der Traufabschnitt des Grataufschieblings besteht aus drei Abschnitten. Der Bleiabschnitt ist in beiden Profilen (A und D) ersichtlich und liegt auf der Höhe +20 mm. Der Bleiabschnitt des Grataufschieblings ist somit identisch mit einer Höhenlinie und wird auch so konstruiert. Aus dem Profil A wird sichtbar, dass der Traufabschnitt im Senkel liegt. Das bedeutet, dass der Abschnitt am Grataufschiebling als normaler Schifterschnitt ausgetragen werden kann. Die beiden Schnittpunkte d und e werden vom Grundriss rechtwinklig ins Profil des Grataufschieblings übertragen und bilden dabei die Plus- und Minusabschnitte. Im Aufschiebling des Profils D findet man die Richtung des dritten Abschnitts. Da dieser Abschnitt im Profil weder Blei noch Senkel ist, handelt es sich bei diesem Abschnitt um einen Hexenschnitt. Hexenschnitte müssen mit Hilfe zweier Höhenlinien konstruiert werden. Dabei werden im Profil des Aufschieblings zwei Höhenlinien bestimmt, mit denen der Hexenschnitt konstruiert werden soll. In diesem Falle bieten sich die Höhenlinien +/-0,00 und +80 mm an, da diese von früheren Konstruktionen bereits vorhanden sind. Der Hexenabschnitt wird anschliessend im Profil D des Aufschieblings so weit verlängert, bis beide Höhenlinien (+/-0,00 und +80 mm) geschnitten werden. Dabei entstehen auf den Höhenlinien die Schnittpunkte f und g. Als Nächstes werden die Schnittpunkte so weit in den Grundriss gezogen, bis die Plus- und Minuskanten des Grataufschieblings im Grundriss geschnitten werden. Durch das Schneiden der Plus- und Minuskanten des Grataufschieblings entstehen vier neue Schnittpunkte, zwei auf der Höhenlinie +/-0,00 mm (h und i) und zwei auf der Höhenlinie +80 mm (j und k). Anschliessend werden diese Schnittpunkte rechtwinklig vom Grundriss auf der passenden Höhenlinie im Profil des Grataufschieblings angetragen. Von diesen vier Schnittpunkten liegen zwei Schnittpunkte auf der Plus- und zwei auf der Minuskante. Durch das Verbinden beider Plusschnittpunkte entsteht der Hexenschnitt auf der Pluskante des Grataufschieblings. Dasselbe wird mit dem Abschnitt auf der Minuskante gemacht.

Kerve und Schwelle

In der 3-D-Isometrie ist sichtbar, dass der Grataufschiebling mit einer Schleifkerve an die Schwelle angeschlossen wird. Die Oberkante der Schwelle liegt auf einer Höhe von +80 mm. Deshalb ist das Schwellenblei identisch mit der Höhenlinie +80 mm. Der Kervensenkel wird mittels Schifterschnitt konstruiert, indem die Schnittpunkte (l und m) vom Grundriss rechtwinklig ins Grataufschieblingsprofil übertragen werden. Dies ergibt die Abschnitte Plus und Minus der Kerve.

Obere Abschnitte
Der obere Teil des Grataufschieblings besteht aus zwei Abschnitten. Der erste Abschnitt läuft an die Minusseite des Grats 11. Da die Seitenkanten von Grat und Grataufschiebling beide im Senkel liegen, kann dieser Abschnitt ebenfalls mit Hilfe der Schifterschnittmethode konstruiert werden. Dabei werden die Schnittpunkte (n und o) rechtwinklig zum Grundriss ins Profil des Grataufschieblings übertragen und ergeben die Plus- und Minusabschnitte. Beim Betrachten der 3-D-Isometrie wird sichtbar, dass der zweite Abschnitt vom Grataufschiebling 12 auf die Abgratung des Grats 11 läuft. Als Nächstes muss abgeklärt werden, von wo die Abgratungsfläche des Grats 11 ihren «Ursprung» erhält. Hierbei nimmt man am besten wieder einen Augenschein an der 3-D-Isometrie. In dieser Isometrie wird sichtbar, dass die Abgratung am Grat 11 durch das Anschneiden der jeweiligen Dachfläche entstanden ist. Daraus kann abgeleitet werden, dass der Ursprung der Abgratung von der Dachfläche (DF E) stammt. Nachdem wir dem Ursprung der Abgratungsfläche (Hauptdachfläche E) des Grats 11 kennen, können wir die Austragung des zweiten Schnitts in Angriff nehmen. Da die Abschnittsfläche (DF E) weder Blei noch Senkel ist, muss der Abschnitt mit Hilfe zweier Höhenlinien konstruiert werden. Dabei werden im Profil der Hauptdachfläche E zwei Höhenlinien bestimmt, mit denen der Abschnitt konstruiert werden soll. In diesem Fall bieten sich die Höhenlinien +80 mm und +300 mm an. Die Höhenlinien werden so weit verlängert, bis die Dachfläche E geschnitten wird. Dabei entstehen auf den Höhenlinien die Schnittpunkte p und q. Als Nächstes werden die Schnittpunkte so weit in den Grundriss gezogen, bis sie die Plus- und Minuskanten des Grataufschieblings im Grundriss schneiden. Dadurch entstehen auf den Plus- und Minuskanten des Grataufschieblings vier neue Schnittpunkte, zwei auf der Höhenlinie +80 mm (r und s) und zwei auf der Höhenlinie +300 mm (t und u). Anschliessend werden diese Schnittpunkte rechtwinklig vom Grundriss auf der passenden Höhenlinie im Profil des Grataufschieblings angetragen. Von diesen vier Schnittpunkten liegen zwei Schnittpunkte auf der Plus- und zwei auf der Minuskante. Durch das Verbinden beider Plusschnittpunkte entsteht der Abschnitt auf der Pluskante des Grataufschieblings. Dasselbe wird mit dem Abschnitt auf der Minuskante gemacht.

Der vollständige Plan des EM-Einladungswettbewerbs sowie die Aufgabenblätter sind als PDFs auf der Website von «Wir Holzbauer» zu finden. wirholzbauer.ch > Bilden > Sammelserie «Austragen»


Der Autor

Michael Hürbin unterrichtet die angehenden Zimmerleute an der Berufsschule Lenzburg, ist Experte für Polierprüfungen und Trainer des Schweizer Nationalteams der Zimmerleute. Kontakt:
nationalteam(at)holzbau-schweiz.ch