Magazin FIRST

Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

Magazin Wir HOLZBAUER

Das Mitglieder- und Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz

06/2017 Tradition neu gebaut

BEWEGEN

Digitale Wege im Holzbau

Das Internationale Branchenforum für Frauen ist ein Pflichttermin für Unternehmerinnen im Holzbau. In Meran trafen sich die Kaderfrauen und diskutierten unter anderem die Digitalisierung im Holz- und Innenausbau.

TEXT UND FOTOS SD

Rund 120 Teilnehmerinnen, 16 Vorträge und ein Thema: die Geschäftswelt von morgen. Das prägte das 14. Branchenforum für Frauen (IBF) in Meran Ende Juni. An zwei Konferenztagen tauschten sich Frauen des mittleren und höheren Baukaders aus und nutzten die Gelegenheit zum Netzwerken. Zwei der Referentinnen widmeten sich speziell dem Schweizer Markt und warfen einen Blick auf die Themen Digitalisierung und Wandel.


Mit BIM Strukturen durchbrechen

Jung, gut ausgebildet und eine Expertin für digitale Prozesse: Anne Nyffeler arbeitet als Verantwortliche BIM und Digitalisierung im Schweizer Ingenieurbüro Pirmin Jung. Und sie hat ein klares Ziel vor Augen: «Die Zukunft ist digital. Für Veränderung braucht es aber Veränderungsbereitschaft und der Mensch ist nun einmal ein Gewohnheitstier.» Nyffeler will bei Pirmin Jung Ingenieure gewohnte Strukturen durchbrechen und ausgetretene Pfade verlassen. Beim IBF erläuterte sie das Wie und klärte die Teilnehmerinnen über die Geschäfts- und Projektentwicklung durch Digitalisierung in interdisziplinären Ingenieurbüros auf. Die gelernte Hochbauzeichnerin studierte zwischen 2011 und 2016 berufsbegleitend Architektur absolvierte 2015 den CAS Digitales Bauen. Neben ihrer Tätigkeit bei Pirmin Jung arbeitet sie weiterhin als Architektin und ist Dozentin für digitales Planen und Bauen der Berner Fachhochschule.

Doch bevor sich Nyffeler den Details der Digitalisierung zuwandte, nahm sie die Teilnehmerinnen erst einmal mit auf eine Reise durch die Veränderungen im Bauwesen anhand der Prozesse des Zeichnens: von Hand über das CAD-Zeichnen mit der Funktion, zu löschen oder zu kopieren, bis schliesslich zu den Visualisierungen aus den 3D-Zeichenprogrammen. Nach der Visualisierung gehe es jetzt um den nächsten Schritt: Die Bauteile selbst tragen Informationen auf sich, die auf einer interaktiven Plattform abrufbar sind. «Das ist BIM,» sagte Nyffeler, «Es ist kein Programm, sondern eine Methode, virtuell zu planen. Doch dafür müssen wir erst einmal unsere bisherigen Prozesse hinterfragen und praktizierte Strategien durcheinanderwerfen.»


Nyffeler sieht vor allem im Bereich der Produktivität Steigerungspotenzial: «Wir im Baugewerbe sind sicher nicht perfekt. In Sachen Produktivität stagniert die Branche seit 20 Jahren. Es ist also noch Luft nach oben.» Wie auch in anderen Branche bereits passiert, könnte die Digitalisierung hier helfen. Doch kein Wandel kommt ohne seine Herausforderungen, allein schon bei der Frage danach, was die digitalen Prozesse konkret leisten und können sollen. Planungsdisziplin habe ihre eigene Logik, so die Architektin. Deshalb müsse erst noch ein gemeinsames Verständnis von BIM erarbeitet werden. Mittels Meilensteinplan werden einzelne Ziele festgelegt sowie Verantwortungen und Inhalte definiert. Der Fokus liege auch nicht grundsätzlich auf der Technologie, sondern vielmehr auf der Reflexion von Methoden, Prozessen und Strategien. «Auch Gesetzgebung und Behörden stellen uns vor grosse Herausforderungen», so Nyffeler. «Gesetze, Normen und Vorgaben sind nicht auf modellbasierte Arbeitsweise ausgelegt.» Es sei allein deshalb momentan nur schwer möglich, die BIM-Methoden vollständig auszuschöpfen. Grosses Potenzial sieht die BIM-Expertin darin, die Digitalisierung in der Planung, im Bau und im Betrieb von Gebäuden zu erhöhen. Zum grossen Vorteil sei auch die nachwachsende Generation schon bereit für die neuen Prozesse von morgen: «Es gibt die neue Generation schon. Die virtuelle Realität ist schon Alltag. Die jungen Leute wollen das und suchen nach funktionaler Digitalisierung.»


Die Herausforderungen im Handel

Nicht nur der Planungsprozess ändert sich – der Holzhandel tut es auch. Silvia Furlan, Leiterin Marketing, Kommunikation und Qualitätsmanagement bei der Kuratle Group in Leibstadt (AG), erklärte in ihrem Vortrag: «Der Handel muss auf neue Anforderungen reagieren, zum Beispiel auf die zunehmenden Verordnungen, Gesetze und Richtlinien im Bauwesen.» Aufgrund dieser müsse der Handel als Bindeglied zwischen Hersteller und Verarbeiter genauestens Auskunft über Herstellung und Verarbeitung der Produkte geben können. Daneben stellen konkurrierende Einkaufsgruppen, immer mehr Hersteller mit Händlerfunktion sowie der Onlinehandel weitere Herausforderungen dar. Laut Furlan ist der Markt in den letzten Jahren viel komplexer geworden, insbesondere im Bereich der Kommunikation und des Marketings. forum-holzbau.ch


Internationales Branchenforum

In Meran, Südtirol, findet jährlich das Internationale Branchenforum für Frauen (IBF) des mittleren und höheren Kaders im Holzbau statt. Der genaue Termin für das 15. IBF ist zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Voraussichtlich wird der Kongress wieder Ende Juni 2018 in Meran stattfinden.