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3/2022 Büroneubau

BAUEN

Grosser Verschiebebahnhof

Eingekeilt zwischen Bahngleisen und Güterzügen, nur ein Kranschwenk zu den Lastkähnen am Rheinufer, und auch bis zur A3 Basel–Zürich sind es nur wenige hundert Meter: Das Düngemittellager der Landor Fenaco Genossenschaft im Auhafen Muttenz liegt ausgesprochen verkehrsgünstig. Bestmöglich geschützt werden die Düngemittel mit dem neuen, verschiebbaren Holzdach aus der Werkstatt der Hess Holzbau AG aus Ziefen (BL).

Text Dorothee Bauland | Bilder Hess Holzbau AG

 

Tanklager, Zuckersilos, Düngemittelhallen – der Auhafen in Muttenz bei Basel ist ein wichtiger Umschlagplatz für Rohstoffe aller Art. Ein Firmenstandort im Knotenpunkt von Rhein, Schiene und Strasse ist der ideale Platz für eine einfache und kostengünstige Logistik. Täglich werden dort tausende Tonnen Güter rangiert. Das Verschieben ist aber nicht nur der Ware vorbehalten – bei der Landor werden auch die zehn Einzeldächer der Lagerhallen verschoben, um das Einlagern von rund 15 000 Tonnen Düngemittel für die Landwirtschaft zu vereinfachen. Der Dünger wird überwiegend lose per Schiff angeliefert und per Kranschwenk durch das dann partiell offene Dach in die Hallen geschüttet. Später wird der Dünger abgesackt und schliesslich weiterspediert. Die Lieferung erfolgt grösstenteils per LKW – entweder zu den Landi-Niederlassungen oder direkt zu den Bauernhöfen.


Montage unter laufendem Betrieb

Die Stahlkonstruktionen der 80 Jahre alten und jeweils 80 Tonnen schweren Dächer waren stark korrodiert, so dass die Sicherheit nicht mehr gegeben war. Eines der Fachwerke war bereits so verrostet, dass es umgehend entfernt werden musste. Zunächst wurde eine Sanierung der Dächer geprüft, die jedoch wegen zu grossen Aufwands wieder verworfen wurde. Weil der gelagerte Dünger aggressiv auf Metallbauteile wirkt, fiel die Wahl für das Ersatzdach stattdessen auf Holz. Ausserdem sind die neuen Holzdächer deutlich leichter – sie wiegen nur jeweils rund 35 Tonnen. Mit dem Bau der Ersatzdächer wurde die Hess Holzbau AG aus Ziefen (BL) beauftragt. Wegen der Korrosionsgefahr mussten alle Metallverbinder für die Holzkonstruktion in Edelstahl ausgeführt werden.


Die grösste Herausforderung für die Zimmerleute war die Montage der neuen Hallendächer unter laufendem Betrieb. «Jederzeit musste die Zufahrt der LKW für die Düngerauslieferung möglich sein», erklärt Holzbauingenieur Christoph Abt von der Hess Holzbau AG. Punktuell – an drei Tagen in der dritten Montagewoche – galt es auch, das Entladen einer Schiffslieferung Dünger zu berücksichtigen. Erschwerend kam hinzu, dass die Hallen während der gesamten Montage regendicht geschützt sein mussten und die Platzverhältnisse sehr beengt waren, da nicht der gesamte Hallengrundriss zur Verfügung stand.

Sportlicher Terminplan

Knapp bemessen war die Vorlaufzeit für den Auftrag, so Christoph Abt. Das technische Konzept wurde in enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern, der n’H Lungern und der Gersag Krantechnik AG, umgesetzt. «Nur so konnten wir den sportlichen Terminplan und die technischen Vorgaben von der Bauherrschaft einhalten», sagt Abt. Vom Zeitpunkt der Auftragserteilung bis zum Montagestart der zehn gleichgrossen Dachsegmente mit ihren insgesamt 20 Fachwerkbindern blieben den Holzbauern gerade einmal 16 Wochen. Die Fachwerke von 30 Metern Länge und 5 Metern Höhe wurden von der n’H Lungern direkt nach Muttenz gebracht. Die Abbruch- und Montagearbeiten nahmen rund vier Wochen und zehn Mitarbeitende in Anspruch. Dabei arbeiteten die Zimmerleute nach einem eigens erstellten Montagekonzept und Terminplan. So erfolgte die Demontage der alten Dächer im gleichen Takt wie die Montage der neuen Dächer.


An einem Ende der Halle wurden die defekten Satteldächer mit zwei Autokranen von den Laufschienen zum Entsorgungsplatz gehievt. Derweil wurden am anderen Ende der Halle schon die neuen Dächer (10 × 30 Meter, 13 Grad Neigung) auf einer Montageplattform montiert sowie Fahrwerke und Beleuchtung fertig verkabelt. Alle eineinhalb Tage konnte ein neues Dach auf die Betonwände gehievt und nachgeschoben werden. Dort laufen sie nun auf den bestehenden Stahlgleisen und sind gegen Abheben gesichert. Jedes Dach hat zwei Fahrwerke, welche per Funkfernbedienung angesteuert werden können. Die Untergurte der Träger sind so gestaltet, dass einerseits die Binder auf den Fachwerken aufliegen und andererseits der Durchgang auf dem Servicesteg gewährleistet ist. Die Verbindungen der Holzkonstruktion sind überwiegend mit GSA-Technologie ausgeführt. Die Dachscheiben aus CLT-Platten wurden mit TGS-Teilgewindeschrauben auf den Binderkonstruktionen befestigt. Ebenfalls durch die Zimmerleute der Hess Holzbau AG erfolgte die Montage der Bedachung mit Trapezblechen sowie der seitlichen Wandverkleidungen aus Lichtwellplatten.

Video Verschiebedach von obenhttps://youtu.be/0E_wFnO31l4

Video Verschiebebahnhof in Aktion

HALLENDÄCHER

Projekt: Ersatz verschiebbare Hallendächer, Auhafen, Muttenz (BL)
Bauherrschaft: Landor Fenaco Genossenschaft, Bern
Baujahr: 2021
Ingenieurleistung: Krattiger Engineering AG, Happerswil (TG)
Holzbau TU: Hess Holzbau AG, Ziefen (BL)
Tragwerke: n’H Lungern (OW)
Fahrwerke: Gersag Krantechnik AG, Reiden (LU)
Holzart und -menge: 370 m3 CLT, 240 m3 BSH (Fichte, Schweizer Holz), 20 m3 Latten (Fichte, Schweizer Holz)


Hess Holzbau AG

Die Hess Holzbau AG ist in Ziefen (BL) beheimatet. Der dreistöckige Bürobau mit seiner leuchtend roten Holzfassade ein markanter Blickfang in Ort. Geführt wird der Betrieb von Christoph Hess, François Hess und Andre Zurfluh. Mit der Marke Hesshaus hat sich das Holzbauunternehmen auf schlüsselfertige Konzepthäuser spezialisiert. Aber auch individuelle Ein- und Mehrfamilienhäuser, Büro- und Gewerbebauten, An- und Umbauten wie auch Renovationen und Innenausbauten gehören zum Portfolio des Unternehmens, das rund 30 Mitarbeitende beschäftigt. hesshaus.ch