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05/2022 Holzbau total

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Vorfabrizierter Holzbau – eine Nachhaltigkeitsbetrachtung

Es ist ein gängiges Vorurteil, dass ein Holzbau teurer ist als ein vergleichbarer Massivbau. Aber ist das wirklich so? Dieser Fragestellung widmete sich David Altinger im Rahmen seiner Abschlussarbeit «Vorfabrizierter Holzbau – eine ökonomische Nachhaltigkeitsbetrachtung». Im Sinne einer ganzheitlichen Analyse stellte er für den MAS in Real Estate am Center for Urban & Real Estate Management (CUREM) die gesamten Lebenszyklen eines Holz- und eines Massivbaus auf der Kosten- und Ertragsseite einander gegenüber.

Text und Grafik David Altinger

 

Das Fazit vorweg: Wägt man die Vor- und Nachteile des vorfabrizierten Holzbaus gegenüber dem konventionellen Massivbau ab, kommt man zu dem Schluss, dass ein Holzbau keinesfalls teurer sein muss als ein konventioneller Massivbau. Bei entschlossener Umsetzung eines bewährten Holzbausystems können durch die Bauzeitverkürzung und die schlanken Konstruktionselemente auch Mehrwerte erzielt werden. Mit Blick auf die Zukunft könnten diese ökonomischen Vorteile des Holzbaus sogar weiter überwiegen. Die klimatischen Veränderungen sowie die Abhängigkeiten von undemokratischen Staaten erhöhen den Druck auf Gesellschaft und Politik, die Klimaschutzziele ernsthaft umzusetzen. Dieses Umfeld begünstigt eine allfällige Besteuerung der CO2-Emissionen im Gebäudepark Schweiz. Dies hätte konkrete Auswirkungen auf die Wahl der Materialen, da diese unterschiedliche CO2-Bilanzen haben. Die Kaskadennutzung des Holzes, erst als Bauholz und später zur Energiegewinnung, bildet eine CO2-Senke. Bei einer Besteuerung würde der Holzbau konsequenterweise einen Steuerbonus auslösen, da im Gebäude effektiv CO2 gebunden wird. Ein Massivbau hingegen würde als CO2-Erzeuger Mehrkosten auslösen.


Davon abgesehen treffen die negativen Externalitäten in Form des Klimawandels nicht nur die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern über die steuerlichen Abgaben, die infolgedessen geleistet werden müssen, jeden Einzelnen. Darüber hinaus ist mit Zunahme des verbauten Holzbauvolumens mit einem sinkenden Preis für die Investitionskosten zu rechnen. Dies zum einen, da sich die Holzbausysteme bewähren und nicht für jedes Projekt neu entwickelt werden müssen. Zum anderen, da eine grössere Nachfrage auch zu grösserer Konkurrenz führen wird. Zum Zeitpunkt der Studie stiegen die Holzbaupreise sehr stark an, dies war mit kurzzeitigen Verschiebungen im Holzbaumarkt durch eine erhöhte Nachfrage aus den USA begründet. Die Preissteigerungen bezogen sich vor allem auf verarbeitetes Holz, der Rohstoff Holz ist allgemein noch in sehr grossen Mengen ungenutzt vorhanden. Daher lohnt sich der Einbezug des vorfabrizierten Holzbaus als Konstruktionsmethode, denn er leistet einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen Nachhaltigkeit.

Methodik zur Nachhaltigkeitsbetrachtung
Für die Nachhaltigkeitsbetrachtung von Holzbauten wurde folgende Methodik angewandt:
Die Studienlage zu Baukosten und Bauzeitverkürzung durch Vorfabrikation bildete die theoretische Grundlage der Arbeit. Mit einer Whole-Life-Cost-Betrachtung (WLC) wurden sowohl die Lebenszykluskosten als auch die Erträge ermittelt.In Interviews mit Stakeholdern aus allen Bereichen der Immobilienwirtschaft (Holzbaulehre, Totalunternehmer, Bank, Versicherung) wurde die Kostenseite untersucht. In einer Fallstudie mit einem Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen wurden die Ertragsseiten der beiden Bauweisen einander gegenübergestellt.


Bei Erstellungskosten ebenbürtig zum Massivbau

Bei den Investitionskosten ist gemäss der Studie «Holzbaukennzahlen für Investoren» (Wüest Partner AG, Lignum, BAFU, 2020) der Median der Holzbauten im 70-Prozent-Quantil des Medians der Massivbauten. Hier muss berücksichtigt werden, dass die acht Holzbauten aus der Stichprobe durchweg einen hohen energetischen und qualitativen Ausbaustandard aufweisen. Zudem handelte es sich bei den meisten Holzbaubauten um massgeschneiderte Pionierprojekte, daher fallen bei jedem Projekt die intensiven Planungsleistungen erneut an. Unter Berücksichtigung einer frühzeitigen Entscheidung zu Gunsten eines Holzbaus sowie der Anwendung bewährter Holzbaukonzepte ist ein Holzbau dem Massivbau bei den Erstellungskosten ökonomisch ebenbürtig (vgl. Interview Roger Schmid, Erne Holzbau AG, nachzulesen in der Abschlussarbeit).

Risikobewertung und Unterhaltskosten
Bei den Versicherungen können höhere Kosten durch die Gebäudeversicherungen anfallen, da es hier kantonale Unterschiede bei den Prämien gibt. Dabei zeichnet sich aber ein Trend hin zur Gleichbehandlung von Massivbau und Holzbau ab, da die tatsächlichen Risiken eines modernen Holzbaus dem eines Massivbaus entsprechen. Die Risikobewertung auf Investorenseite unterscheidet nicht zwischen Holzbau und Massivbau, es wird allenfalls mit einer längeren Planungszeit kalkuliert (vgl. Interview Torsten Gottsmann, Credit Suisse, siehe Abschlussarbeit). Die Instandsetzungs- und Bewirtschaftungskosten sind ebenfalls gleich zu behandeln, da diese unabhängig von der Konstruktionsart anfallen.

Mehrerträge durch Skaleneffekte
Bei einer konsequenten Holzbauplanung sind ökonomische Vorteile zu erzielen. Diese entstehen durch die kürzere Bauzeit sowie durch die schlanken Bauteilquerschnitte der Gebäudehülle. Dabei ist die Tiefe des Vorfertigungsgrades entscheidend. Der Modulbau hat den höchsten Vorfertigungsgrad, bringt aber eine eingeschränkte Grundrissgestaltung, sowie hohe Flächenverluste durch überdimensionierte Zimmertrennwände, mit sich. Es gilt also die richtige Konstruktionsmethode individuell für das Projekt, unter Berücksichtigung der Nutzung, der Lage und den baulichen und energetischen Ansprüchen, zu ermitteln. Verfügt der Investor nicht über die nötige Bestellerkompetenz, müssen frühzeitig kompetente Partner auf der Planerseite (Architekt und Holzbauingenieur) sowie der Unternehmerseite herangezogen werden. Die Entscheidungen müssen mit Augenmass und Konsequenz gefällt werden, um spätere Änderungen möglichst zu vermeiden. Dies führt beim Holzbau zu Planungsschleifen und Verzögerungen, da alle Ausführungsschritte einen längeren Vorlauf durch die Vorproduktion haben.

Mehrerträge durch Flächengewinne
Je nach Anspruch an den Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) können effektiv vermietbare Flächen oder – im Schnitt gedacht – die entscheidenden Zentimeter in der Höhe gewonnen werden. Dieser klare Renditevorteil kann bei Investitionsentscheidungen eine Rolle spielen. Gerade bei Gebäuden mit weniger hohem energetischen Anspruch ist der Flächenvorteil markant, da ein Grossteil der Dämmschicht in die tragende Konstruktionsebene integriert werden kann.

Wegleitung für Investoren
Wenn man nun die Kriterien abwägen will, hilft die Wegleitung für Investoren. Sie bietet einen Überblick über die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Entscheidung der Konstruktionsmethode. Nach dem Entscheid sind die Erfolgsfaktoren ein frühzeitiger Einbezug der Holzbauspezialisten sowie klare Angaben bis hin bis zur kleinsten Detailfrage, um aufwendige Planungsschlaufen zu vermeiden. 

Download der CUREM-MAS-Abschlussarbeit «Vorfabrizierter Holzbau: Eine ökonomische Nachhaltigkeitsbetrachtung» von David Altinger (PDF, 96 Seiten).