Die Vorbereitung war intensiv. Nun gehören die SwissSkills bereits der Vergangenheit an. Wir durften mit einem der beiden Luzerner Teilnehmer, Marvin Bieri, ein Interview führen, in welchem er uns Einblick in die Wettkampftage gibt.

Wie hast du den Wettbewerb erlebt? Wie lief es dir während der Durchführung?

Marvin Bieri: Der ganze Anlass war für mich ein unvergessliches Erlebnis. Den Wettkampf selbst empfand ich als anstrengend. Die Arbeit war schwierig, was eine sehr hohe Konzentration forderte. Der Wettkampf selbst verlief eigentlich gut, bis auf den ersten Tag. Am ersten Tag habe ich nämlich bei einem Strebenpaar ein falsches Mass angezeichnet. Dadurch musste ich einen Nachschnitt machen (was 1.25 Punkte kostete) und die Überblattung der Streben hatte dadurch 6 cm Luft. Zudem habe ich bei einem anderen Strebenpaar am Ende einen falschen Winkel angerissen, was wiederum zu einer unkorrekten Verbindung führte. Nach diesen beiden Fehlern habe ich mich zuerst recht genervt. Aber nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass diese Fehler nun schon passiert sind und ich mich jetzt voll auf die weiteren Module konzentrieren muss, um noch das Bestmögliche herauszuholen. Die restlichen Arbeiten in den anderen Modulen verliefen mir relativ gut, ohne weitere Fehler.

Warst du gestresst, oder konntest du in Ruhe arbeiten?
Anfangs war ich ein wenig gestresst. Einerseits wusste ich vom Üben zu Hause mit alten SwissSkills-Aufgaben, dass die Zeit für mich ein wenig knapp ist, sodass ich von Anfang an speditiv arbeiten musste. Andererseits war die Umgebung mit so vielen Zuschauern und «Gegnern», welche die genau gleiche Aufgabe machen, recht ungewohnt. Doch nach meinen oben erwähnten Fehlern wurde mir klar, dass ich bedacht und in meinem Tempo arbeiten muss, welches ich im Verlauf des Wettkampfes stetig ein wenig erhöht habe.

Was hast du nach Abschluss für ein Gefühl gehabt? Warst du positiv? Zweifelnd?
Nach Abschluss des Wettkampfes war ich ziemlich stolz auf meine geleistete Arbeit. Bezüglich der Rangierung hatte ich ein gemischtes Gefühl. Einerseits wusste ich, dass mir die Module 2 & 3 beinahe perfekt und Modul 4 gut gelungen sind. Andererseits wusste ich, welch dumme Fehler mir im Modul 1 passiert sind. Da ich nicht genau wusste, wie stark diese Fehler gewertet werden, konnte ich schlecht einschätzen, auf welchem Platz ich am Ende landen werde.

Man nimmt an einem solchen Wettbewerb teil und investiert so viel Zeit, um ganz vorne mitzumischen. Nun hast du einerseits die grosse Hürde für die Endselektion genommen, in der Endabrechnung ist’s der 7. Rang. Bist du stolz auf deine Leistung, oder überwiegt noch etwas die Enttäuschung?
Im ersten Moment war ich ein wenig enttäuscht. Doch in erster Linie gehöre ich zu den sieben besten Zimmermänner der Schweiz im Jahr 2022. Andererseits wusste ich, wie ich jedes der Module umsetzen musste. Somit bin ich meiner Meinung nach nicht Siebter wegen meinem Mangel an Wissen oder schlechter Vorbereitung, sondern wegen unnötigen Fehlern durch Unaufmerksamkeit wegen der ungewohnten Situation. Deshalb bin ich stolz auf meine geleistete Arbeit, auch wenn es «nur» der siebte Rang wurde.

Wie geht es für dich nun beruflich weiter?
Bis zu meiner RS im Januar arbeite ich weiterhin in meinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb. Nach der RS möchte ich möglichst viel Praxiserfahrung in verschiedenen Betrieben sammeln, danach Weiterbildungen machen und irgendwann die Zimmerei meines Vaters übernehmen. Zudem werde ich nächstes Jahr wahrscheinlich erneut versuchen, an den SwissSkills teilzunehmen, da ich mit meinem Jahrgang noch einmal mitmachen darf und ich es nochmals versuchen will, in das nationale Kader (Top-5-Rangierung) zu gelangen.

Warum würdest du jungen Lernenden empfehlen, an den SwissSkills teilzunehmen?
Die Teilnahme an einem solchen Wettkampf ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Man lernt, unter grossem Zeitdruck komplexe Konstruktionen zu erstellen. Zudem spornt das Wettkampfgefühl zu Höchstleistungen an. Ausserdem wächst das Selbstvertrauen enorm. Hinzu kommt noch eine unvergessliche Woche mit den besten Berufskollegen gleichen Alter, welche während des Wettkampfes Gegner sind, jedoch neben dem Wettkampf gute Freunde werden.

Marvin, wir gratulieren dir ganz herzlich zu dieser tollen Leistung. Du hast dich diesem Wettkampf gestellt, du hast unzählige Stunden in die Vorbereitung investiert, und du bist unter den besten Zimmerleute 2022. Herzlichen Glückwunsch!