«Chöi mir no höcher boue?»

Text: Barbara Zesiger

Berufsalltag für die einen. Erlebnis für die anderen. Über 60 Schülerinnen und Schüler besuchten im März im Rahmen von Rendez-vous Job das Bildungszentrum Holz Lyss. Die Jugendlichen konnten den Lernenden bei der Arbeit über die Schulter schauen, selbst aktiv werden und einiges über die Berufe im Holzbau erfahren.

Wie viele andere Branchen sieht sich auch der Holzbau mit einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften konfrontiert. Eine sinnvolle Reaktion darauf ist die Ausbildung von Lernenden. Doch nicht immer ist es einfach, offene Lehrstellen zu besetzen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Holzbauberufe in der öffentlichen Wahrnehmung nicht genügend Aufmerksamkeit erhalten und dadurch weniger bekannt sind als andere Berufsfelder. Andreas Anderegg, Zimmermeister und Geschäftsführer des Bildungszentrums Holz in Lyss, will das ändern: «Eine gezielte Massnahme des Verbands Holzbau Schweiz | Sektion Bern ist die Teilnahme am Projekt Rendez-vous Job.» Im Rahmen diese Erlebnistage öffnen die Berner ÜK-Zentren der Handwerksberufe ihre Türen für Schülerinnen und Schüler und bringen ihnen die Berufsbildung näher. Andreas Andermatt freut sich über das anhaltende Interesse: «An den drei Tagen konnten wir in diesem Jahr über 60 Jugendliche bei uns im Bildungszentrum begrüssen.»

Begeisterung fürs Handwerk

Lehrerin Eveline Schütz ist begeistert von dem praxisnahen Angebot. Bereits zum dritten Mal besucht sie mit einer Klasse der OSZ Rapperswil das Bildungszentrum Holz in Lyss. «Ganz gespannt habe ich auf das Anmeldedatum gewartet», verrät sie. «Ich wollte den Kindern unbedingt den Zugang zu diesem schönen, kreativen Berufsfeld ermöglichen.» Die 20 Siebtklässler*innen haben noch nicht mit dem Berufswahlunterricht begonnen. Lehrerin Schütz nutzt das Angebot von Rendez-vous Job bewusst als sanften Einstieg ins Thema. «Bei uns auf dem Land sind Lehrberufe sehr populär», weiss sie. Deshalb kann sie sich gut vorstellen, dass einige ihrer Schüler*innen sich für ein Handwerk begeistern könnten.

Etwas mit den Händen machen

Diesen Eindruck gewinnt man auch auf dem Rundgang durch das Kurszentrum, den die Jugendlichen in Gruppen mit Laura Aellig, Zimmerin im zweiten Lehrjahr, unternehmen. Die junge Lernende erklärt Maschinen, beantwortet Fragen und erzählt begeistert von ihrem Beruf. Sie selbst hat vom Gymnasium in die Handwerkslehre gewechselt. «Ich wollte etwas mit meinen Händen machen», erzählt die 23-Jährige. Einige der Jugendlichen können diesen Wunsch sehr gut nachvollziehen und freuen sich, dass sie bei diesem Ausflug in die Berufswelt auch selbst Hand anlegen dürfen. Die Späne fliegen. An einem Posten dürfen die Schüler*innen sägen. Lernende zeigen ihnen, wie sie mit der Anreisslehre Punkte markieren und unterstützen beim Löcher bohren. Am Ende nehmen alle einen selbst gefertigten Stifthalter in Form eines Spielwürfels mit nach Hause.

Viel Spass hat die Klasse auch beim Bau einer Leonardo-Brücke. Diese wird ganz ohne Schrauben oder Nägel gebaut. Latte um Latte platzieren die Jugendlichen unter Anleitung von Kursleiter Stefan Zbinden an der richtigen Stelle. Die Brücke wächst in die Höhe. Mutig klettern die jungen Holzbauer*innen auf den Brückenbogen, um die Stabilität zu testen. «Chöi mir no höcher boue?», ruft ein besonders begeisterter Junge. Kursleiter Zbinden reicht ihm eine weitere Latte und lächelt zufrieden. Steht da vielleicht gerade ein zukünftiger Berufskollege vor ihm?

 

Holzbau Schweiz Sektion Bern wird sich auch 2024 am Projekt Rendez-vous Job beteiligen. Die Daten für die Schulbesuche und den Tag der offenen Tür werden zu gegebenem Zeitpunkt kommuniziert. Herzlichen Dank an die Lernenden Aeschbacher Nadine, Aellig Laura, Bärtschi Samuel, Bolz Florian, Jan Timo, Pfister Yannik, Ramseier Damian, Zuber Maurice, die massgeblich zum Gelingen der diesjährigen Ausgabe beigetragen haben.