Michael Bieri gibt Vollgas und holt Silber
Der Jubel des 19-Jährigen Zimmermanns Michael Bieri ist gross. Er zeigt an den EuroSkills vom 5. bis 9. September 2023 in Gdańsk, Polen eine fantastische Leistung und wird Vize-Europameister. Mit ihm am Start waren knapp 600 junge Berufstalente aus ganz Europa, die in 43 Skills die Besten unter sich ausmachten. Die Schweiz trat in 16 Disziplinen an, zum ersten Mal waren die Zimmerleute an den EuroSkills mit von der Partie.
Vollgas geben, das Beste zeigen und möglichst einen Spitzenplatz erreichen – das und nicht weniger wollte Michael Bieri an den EuroSkills in der Kategorie «Carpentry». Nach Hause bringt der Berner die wohlverdiente Silbermedaille. «Die EuroSkills sind mein erster grosser Wettkampf und ich konnte mein Bestes zeigen. Mit meiner Leistung bin ich sehr zufrieden», resümiert der Champion. Die EuroSkills Gdańsk 2023 werden für die Schweiz als die erfolgreichsten Berufs-Europameisterschaften in die Geschichte eingehen. Das SwissSkills National Team hat nicht weniger als zwölf Goldmedaillen und drei silberne Auszeichnungen gewonnen. Die Schweiz ist gleich in mehrfacher Hinsicht die erfolgreichste Nation – kein anderes Land gewann nur annährend so viele Europameistertitel.
Ein Pavillon in 18 Stunden
Hochmotiviert startet der Schweizer Berufschampion am Mittwochmorgen in das europäische Kräftemessen. Von Anfang an ist der Zeitdruck enorm hoch. Insgesamt sind neun Zimmermänner am Start, Frauen sind leider keine dabei. Die Kandidaten bauen einen dreiteiligen Pavillon, er besteht aus drei Riegelwänden für das erste Modul. Die Verbindung der einzelnen Hölzer ist arbeits- und zeitintensiv. Michael Bieri gibt Vollgas – wie er es nennt – im Hintergrund unterstützen ihn Familie, Freunde und sein Lehrbetrieb. Modul zwei, ein Satteldach, ist die schwierigste Aufgabe für die Kandidaten. Es gilt die Aussteifung des Dachs mit einem Andreaskreuz auszuführen. Ein Podest fertigt der Schweizer als letztes Modul, wobei der Übergang vom Boden zum Podest durch eine Treppe erschlossen ist. Hier passiert Michael Bieri beim Anreissen der Treppenwangen ein Patzer. Schlussendlich fehlt beim oberen Abschnitt eine kleine Ecke auf der Innenseite. Glücklicherweise ist das Missgeschick nur für Fachexperten sichtbar – doch die sehen natürlich alles. Michael Bieri berichtet im Nachgang: «Mental gab es schon Momente, bei denen ich an meine Grenzen gestossen bin.»
Können, Fleiss und viel Schweiss
«Michu ist über die drei Tage immer vorne dabei gewesen, doch darauf hat er sich nicht in erster Linie vorbereitet», erklärt Trainer Michael Hürbin, der mit nach Gdańsk gereist ist. In Absprache mit Trainer und Chefexperte Adrian Wenger stellt der Champion einen eigenen Zeitplan zusammen – egal wo die anderen Kandidaten sich mit der Arbeit befinden und das zahlt sich für ihn aus. Trainer Hürbin berichtet weiter: «Im Bearbeiten der Hölzer hat der Schweizer unglaubliche Stärken und die hat er über die Wettkampftage hervorragend ausgespielt.» Auch seine ruhige Art bei enorm hoher Arbeitsleistung zeichnet den jungen Zimmermann aus. Trotzdem, der grosse Zeitdruck hinterlässt auch beim 19-Jährigen seine Spuren – der Schweiss fliesst.
Grosser Jubel
Erst bei der Siegerehrung am Samstag steht fest: Der Berner holt bei den EuroSkills mit 731 Punkten die Silbermedaille! Mit einer grossen Schweizerfahne steht er auf dem Podest – die Freude und der Stolz auf seine Leistung stehen ihm ins Gesicht geschrieben. Nur Jonas Lauthoff aus Deutschland holt bei den Zimmermännern zwei Punkten mehr, dafür gibt es Gold. Bronze gewinnt Romain Simon aus Frankreich mit 724 Punkten. Diese drei Länder waren es auch, die das Modell als einzige in der geforderten Zeit fertigstellten.
Der Weg aufs Podest
Vollgas scheint das Motto von Michael Bieri zu sein. Mit seinen 19 Jahren ist er einer der jüngeren Athleten der EuroSkills. Der Berner wollte sich mit den Besten seines Berufs messen, darum hat er sich 2022 für die SwissSkills angemeldet. Erst im Frühling 2023 hat er die Lehre zum Zimmermann EFZ mit Auszeichnung abgeschlossen. In die EuroSkills-Vorbereitungen hat der Champion in den vergangenen Monaten alles investiert und nichts dem Zufall überlassen, das hat sich nun ausgezahlt. Jetzt geht es für das Jungtalent weiter, die WorldSkills 2024 in Lyon, Frankreich stehen an. Dafür wird er gemeinsam mit zwei weiteren Schweizer Kandidaten eine Ausscheidung bestreiten. Der Beste von ihnen darf die Schweizer Nationalfarben an den WorldSkills vertreten.
