Wie bringt man einen Investor dazu, Schweizer Holz zu wählen?
Dazu sollten wir mindestens drei Sinne ansprechen: Meistens sind es die Augen, die Ohren und noch etwas, die Nase oder den Tastsinn. Die Menschen haben ihren Empfangskanal an verschiedenen Orten. Wir versuchen, Immobilienentwicklern mitzuteilen, dass von uns gebaute Häuser den Eigentümern und Bewohnern ein gutes Gefühl geben. Sie sollen sagen: «Mein Haus hat Decken aus Holz, das gibt mir ein gutes Gefühl.»
Wie bringe ich das dem Immobilienentwickler bei? Oft ist die Decke nicht einmal zu sehen.
Sie müssen das spüren können. Warum kaufen Leute einen Oldtimer? Eine ineffiziente Maschine, die mehr Benzin verdunstet, als sie verbrennt, und erst noch einen schwachen Motor hat? Sie kaufen einen Oldtimer, weil es Spass macht und ein gutes Gefühl gibt. Dasselbe gilt bei einer Decke aus Schweizer Holz: Das Planen macht Spass und es gibt ein gutes Gefühl. Denn eine Betondecke planen oder Holz aus dem ausländischen Katalog bestellen kann jeder, aber mit Schweizer Holz planen braucht Köpfchen! Wir müssen die Kosten im Griff haben und technisch versiert sein. Das ist etwas Besonderes, dahinter steckt Fachwissen und Verantwortung.
«Um einen Investor von Holz zu überzeugen, sollten wir seine Sinne ansprechen»
Hätten Architekten die Fäden in der Hand?
Es gibt wenige objektive Gründe, Schweizer Holz einzusetzen. Das Holz aus dem Ausland ist preislich ähnlich und meist ebenso schnell in den gewünschten Dimensionen verfügbar. Auch die Region spielt eine Rolle: Im Berner Oberland sieht die Situation anders aus als in Schaffhausen. Dort ist der deutsche Lieferant näher und das Argument der kürzeren Transportwege fällt weg. Doch auch in Schaffhausen zählt: Der Unternehmer hat ein besseres Gefühl, wenn er bei einer Firma bestellt, die Steuern in der Schweiz bezahlt.
Das unterstützt den Gedanken des Labels Schweizer Holz.
Ich finde das ein gutes Label. Damit weiss ich, dass sich die Firmen in der Schweiz behaupten, hier Steuern zahlen und unsere Arbeitsplätze fördern. Betrachtet auf ein ganzes Projekt sind Mehrkosten wegen Schweizer Holz völlig unbedeutend.
Sieht das ein Projektentwickler auch so?
Während des Ausschreibungsprozesses taucht meist die Frage auf: Wo können wir noch sparen? Der Projektentwickler oder Generalunternehmer muss stark sein und dafür einstehen: Die Position Schweizer Holz bleibt drin! Wer diesen Auftrag ausführen möchte, hat ihn so umzusetzen.
«Eine Betondecke planen oder Holz aus dem ausländischen Katalog bestellen kann jeder, aber mit Schweizer Holz planen braucht Köpfchen!»
Der starke GU fordert also: Wer den Auftrag möchte, muss Schweizer Holz garantieren und anderswo sparen. Ist das möglich?
Ja klar. Zum Beispiel mit dem Faktor Zeit. Ist ein Unternehmer schneller mit der Lieferung, wird eine Überbauung früher fertig und bringt früher Mieteinnahmen. Zudem wurde viel Schweizer Holz verbaut. Das macht die Beteiligten stolz. Es braucht Stärke, zu sagen: Ich will das Brettschichtholz aus der Schweiz und ich bezahle, was es kostet. Denn am Schluss bleibt das gute Gefühl und nicht, dass durch Rappenspalterei günstiger gebaut wurde. Jeden Tag sehen die Bewohner die Decke aus Schweizer Holz und finden es toll, dass sich eine Person dafür eingesetzt hat.
Braucht es zur Unterstützung Merkblätter oder Unterlagen?
Im Ausschreibungstext könnte man bei den Vorbedingungen anheften: «Ich verpflichte mich, Schweizer Holz einzusetzen», ohne die Worte «wenn möglich». Doch die GU müssen den Unternehmen auch auf die Finger schauen. Es kommt vor, dass im Vertrag Schweizer Holz steht, aber trotzdem ausländisches verbaut wird. Wir sehen dem Holz ja nicht an, woher es kommt. Darum braucht es auch das Label.
Interview: Sue Lüthi
Zur Person
Stefan Zöllig (57) lernte Schreiner und bildete sich an der Berner Fachhochschule in Biel zum Holzbauingenieur weiter. Er gründete das Ingenieurbüro Timbatec sowie weitere vier Startups, die heute insgesamt rund 100 Mitarbeitende an sechs Standorten beschäftigen. Als Holzbauspezialist, Forscher und innovativer Kopf hat Zöllig TS3 entwickelt, eine Technologie, mit der grossflächige Holzdecken miteinander verbunden werden können. Ferner ist Zöllig an der Entwicklung von Scrimber beteiligt, einem neuen Produkt, das darauf abzielt, den ganzen Stamm eines Baumes verwerten zu können.