Neu und innovativ: Sturzkissen als Kollektivschutz
Lange wurde über Sturzkissen als kollektives Sicherheitssystem auf der Baustelle diskutiert, aber eine Lösung für die Schweiz gab es bisher nicht. In Absprachen mit der Suva wurde diese Art Kollektivschutz nun auch in der Schweiz eingeführt.
Weil die aktuell gültige Bauarbeitenverordnung (BauAV) diese Art des Kollektivschutzes noch nicht kennt, gilt der Ausnahmeartikel (Art. 29 Abs. 2 BauAV), der den Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit (Spezialist ASGS, Sicherheitsingenieur) verlangt. Wird der von Holzbau Vital herausgegebene «Leitfaden Umsetzung BauAV im Holzbau» angewendet, ist dieser Beizug gewährleistet und die Mitglieder der Branchenlösung Holzbau Vital können die Sturzkissen damit gesetzeskonform einsetzen.
Testphase im Holzbauunternehmen
Die erfolgreiche Implementierung des Sturzkissen-Projekts wurde von Holzbau Vital begleitet und unterstützt. Eine der ersten Firmen, welche die Sturzkissen im Pilotbetrieb testen und Erfahrungen sammeln konnten, war die Artho Holz- und Elementbau AG in St. Gallenkappel mit ihren rund 75 Mitarbeitenden. Das Unternehmen führt alle anfallenden Arbeiten im Holzbau aus, primär ist es in den Bereichen Elementbau, Wohnbau, Umbau und Landwirtschaftsbauten tätig, die angegliederte Solar- und Architekturabteilung vervollständigen ihr Angebot. Da die Firma ein gut geeignetes Objekt für die Testphase hatte, konnten die Sturzkissen erfolgreich eingesetzt werden. Die aus der Testphase resultierenden Erfahrungen wurden ausgewertet und für die Markeinführung in der Schweiz verwendet.
Getestet wurde das kollektive Schutzsystem bei einem Umbau, bei dem ein bestehender Schiebboden saniert und neu aufgebaut werden musste. Da bei dem Einbau weder ein Fangerüst noch die Installation von Auffangnetzten möglich waren, stellte die Sicherung mit Sturzkissen die beste Alternative für den Kollektivschutz dar. Der Einbau von Auffangnetzen war nicht machbar, da sowohl die Innenwände wie auch die Aussenwände aus Bruchstein- oder Bachsteinmauerwerk bestanden. Eine direkte Montage unter den Balken war wegen einer bestehend bleibenden Schilfrohrdecke ebenfalls nicht umsetzbar, und die Geometrie wie auch die Abmessungen des Gebäudes verhinderten den Einbau von Fangerüsten in den Räumen.
Einfach und platzsparend einsetzbar
Sturzkissen sind aufblasbare Kissen. Sie haben kein grosses Gewicht und können sehr einfach und platzsparend transportiert werden. Bei einer einlagigen Verwendung sind die Sturzkissen ab Boden für bis zu 3,5 Meter Standhöhe zugelassen, bei einer zweilagigen kreuzweisen Verlegung sogar bis 4,5 Meter. Da die Kissen mit einem Gebläse sehr schnell aufgeblasen sind und zusammengeklickt werden, können alle anfallenden Raumgeometrien abgedeckt werden. Das Aufblasen eines Sturzkissens dauert rund 30 bis 40 Sekunden und ist somit schnell einsetzbereit. Die Nutzlast des Bodens muss mindestens zwei Kilonewton pro Quadratmeter betragen und die Fläche muss besenrein sein. Wie von Holzbau Vital und der Suva beim Einbau der Sturzkissen in diversen Räumen zu beobachten war, konnten diese bei der Anwendung sehr einfach und auch schnell versetzt werden. Wegen der aufgeblasenen Kissen ist der Raum unterhalb der Arbeitsfläche zudem gesperrt. Dies hilft dabei, Unbefugten das Betreten zu erschweren. Mit einer täglichen Sichtkontrolle muss überprüft werden, ob noch genügend Luft in den Kissen vorhanden ist.
Ein Sturzkissen besteht aus zwei Schichten: Die Innenhülle funktioniert wie ein Ballon mit einem verschliessbaren Ventil und dient dazu, einen allfälligen Sturz zu dämpfen. Die Aussenhülle schützt die Innenhülle vor einem möglicherweise rauen Boden und den Click-Verbindungen unter den Kissen. Die Sturzkissen sind für die Temperaturen in der Schweiz geeignet. Bei sorgfältiger Behandlung kann die Lebensdauer der Sturzkissen bis zu zehn Jahre betragen. Die Gebrauchsanleitung zu den Sturzkissen ist ausführlich und beantwortetet zusätzliche Fragen. Wer zu diesem Sicherheitsprodukt mehr wissen möchte, erhält bei Holzbau Vital oder bei der Firma Span Set AG weitere Informationen.
Holzbau Vital, die Branchenlösung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz Holzbau, sieht für die Sturzkissen ein grosses Potenzial, da es nun möglich ist, Sanierungen mit geringerem Aufwand als bisher auszuführen. In bewohnten Gebäuden kann das Sicherheitsprodukt morgens eingebaut und am Abend einfach wieder entfernt werden.
«Einfach, schnell und unkompliziert»
Stefan Raymann, Vorarbeiter bei der Artho Holz- und Elementbau AG.
Herr Raymann, Sie sind als Vorarbeiter bei der Artho Holz- und Elementbau AG in St. Gallenkappel (SG) tätig und durften die neuartigen Sturzkissen testen. Wie beurteilen Sie den Aufwand für den Aufbau der Sturzkissen?
Das funktionierte sehr einfach, schnell und unkompliziert. Aus meiner Sicht handelt es sich bei den Sturzkissen um ein gutes und sinnvolles Produkt.
Wo ist die Anwendung der Sturzkissen aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Ich sehe den Einsatz vor allem bei Umbauten, für Geschossdecken- und Dachsanierungen. Hier insbesondere im Innenbereich bei Arbeiten auf nicht durchbruchsicheren Arbeitsflächen.
Worin liegt der grosse Vorteil gegenüber einem Fanggerüst oder einer Montage mit Auffangnetz?
Die Kissen können unabhängig von der vorhandenen Deckenverkleidung eingesetzt werden und lassen sich ohne besonderes Gefahrenpotenzial ganz einfach am Boden auslegen.
Wie funktioniert der Transport der Sturzkissen vom Betrieb zur Baustelle oder von Raum zu Raum?
Der Transport der noch nicht aufgeblasenen Sturzkissen vom Werk zur Baustelle ist einfach, leicht und platzsparend. Auf der Baustelle können die dann aufgeblasenen Kissen einfach und schnell verschoben werden.
Was hat Sie an diesem Produkt am meisten überrascht?
Mich hat die schnelle und einfache Montage begeistert wie auch die leichte Umsetzbarkeit in der Praxis. Auf der Baustelle habe ich von meinen Arbeitskollegen ebenfalls nur positive Rückmeldungen erhalten.